Arbeitsverweigerung und Lohnanspruch: „Risikogruppe“-Arbeitnehmer in Zeiten der Corona-Pandemie

Ist die Erbringung von Arbeitsleistung unzumutbar, wenn ein Arbeitnehmer, der zu einer so genannten „Risikogruppe“ gehört oder gemeinsam mit „Risikogruppe“-Angehörigen in einem Haushalt lebt?

Hat der Arbeitnehmer insoweit ein Arbeitsverweigerungsrecht und muss der Arbeitgeber in diesen Fällen weiterhin den Lohn fortzahlen?

1. Erfüllt der Arbeitgeber seine Corona-bezogenen Arbeitsschutzpflichten?

Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie haben Arbeitgeber umfangreiche Arbeitsschutzpflichten zu erfüllen. Hauptsächlich betroffen sind hierbei die Maßnahmen zum „technischen“ Arbeitsschutz, zu deren Gewährleistung der Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern gemäß § 618 BGB verpflichtet ist. Hiernach muss der Arbeitgeber die Arbeit so gestalten, dass Arbeitnehmer im Rahmen Ihrer Arbeitstätigkeit weitestgehend gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind. 

Diese zivilrechtliche Vorschrift wird durch öffentlich-rechtliche Arbeitsschutzvorschriften weiter konkretisiert. Diese verpflichten den Arbeitgeber zur Gewährleistung des Arbeitsschutzes gegenüber dem Staat und begründen gleichzeitig die für den Arbeitsschutz der Arbeitnehmer geltenden Mindeststandards.

Insbesondere ist der Arbeitgeber gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) regelmäßig Gefährdungsbeurteilungen vornehmen. Er ist in diesem Rahmen verpflichtet zu prüfen, welche gesundheitlichen Risiken dem Arbeitnehmer im Rahmen der Erfüllung seines Arbeitsvertrages entstehen und wie diese minimiert werden können. 

In Zusammenhang mit der Corona-Pandemie kommen hier beispielsweise intensive Hygiene-Maßnahmen, die Vermeidung von Publikumsverkehr, die Einrichtung eines Einzelzimmers oder der Arbeit im Home-Office, soweit dies im Rahmen des Direktionsrechtes möglich ist.

2. Steht dem Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht zu?

Erfüllt der Arbeitgeber alle gebotenen Arbeitsschutzpflichten, kann dem Arbeitnehmer dennoch die Erbringung seiner Arbeitsleistung unzumutbar sein, etwa weil sich persönliche Risiken in seiner Person verwirklichen (Vorerkrankungen, Alter). In diesen Fällen steht dem Mitarbeiter gemäß § 275 Abs. 3 BGB grundsätzlich ein Leistungsverweigerungsrecht zu. 

Der Arbeitnehmer muss diese Einrede jedoch ausdrücklich geltend zu machen. In der Regel bedarf es darüber hinaus auch eines ärztlichen Attestes.

3. Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung? 

Selbst wenn ein Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht hat, weil er einer Risikogruppe angehört, bedeutet dies nicht, dass in einem solchen Fall auch der Lohn fortgezahlt werden muss. 

Vielmehr handelt sich in diesem Fall um ein persönliches Leistungshindernis des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber ist daher gemäß § 326 Abs.1 BGB grundsätzlich von der Verpflichtung zur Zahlung des Arbeitslohns befreit, soweit er seine Arbeitsschutzpflichten erfüllt hat. 

Im Unterschied zu Fällen, in denen ein Arbeitnehmer tatsächlich erkrankt oder sich entsprechend den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in Quarantäne begeben muss, trifft den Arbeitgeber hier keine gesetzliche Pflicht zur Lohnfortzahlung für einen bestimmten Zeitraum.

Eine Vergütungspflicht des Arbeitgebers wird hier auch nicht aus § 616 BGB herzuleiten sein, da die Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung regelmäßig über einen nicht unerheblichen Zeitraum besteht. 

Im Ergebnis trägt daher grundsätzlich der Arbeitnehmer in Fällen der persönlichen Unzumutbarkeit das Lohnrisiko.  Es rät sich daher, in Absprache mit dem Arbeitgeber und den zuständigen Sozialversicherungsträgern (z.B. Krankenkasse, Berufsgenossenschaft) frühzeitig zu klären, ob hier Lohnersatzleistungen in Anspruch genommen werden können.

4. Kann der Arbeitgeber einem Risikogruppe-Arbeitnehmer kündigen?

Ob ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine personenbedingte Kündigung aussprechen kann, weil dieser in Zeiten der Corona-Pandemie einer Risikogruppe angehört und dadurch dauerhaft nicht einsetzbar sein wird, ist stark einzelfallabhängig. 

Aufgrund der zeitlichen Absehbarkeit, der Vielzahl staatlicher Hilfen sowie der in Aussicht stehenden Impfmöglichkeiten wird dies jedoch nur in Ausnahmefällen möglich sein.

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