Die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit

Welche Rechte und Pflichten haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers?

1. Entgeltfortzahlung

Wenn ein Arbeitnehmer erkrankt und er aufgrund dieser Krankheit arbeitsunfähig wird, hat er nach dem § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Entgegen der weit verbreiteten Ansicht führt dabei nicht bereits die Krankheit zu den Entgeltfortzahlungsansprüchen, sondern erst die auf der Krankheit beruhende Arbeitsunfähigkeit.

Per Definition ist arbeitsunfähig, wer aufgrund von Krankheit seine ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann.

Weiterhin kann eine Arbeitsunfähigkeit auch dann vorliegen, wenn zwar aufgrund einer aktuellen Krankheit noch keine akute Arbeitsunfähigkeit vorliegt, jedoch abzusehen ist, dass im Falle einer weiteren Ausübung der Arbeitstätigkeit mit einer Verschlechterung der Krankheit zu rechnen ist.

Keine Arbeitsunfähigkeit liegt hingegen vor, wenn sich der Arbeitnehmer lediglich aus diagnostischen oder therapeutischen Gründen in eine ärztliche Behandlung begibt. Im Einzelfall kann aber eine so genannte Arbeitsverhinderung vorliegen.

Der Anspruch besteht für eine Arbeitsunfähigkeit über die Dauer von bis zu sechs Wochen.

Anspruchsberechtigt ist der Arbeitnehmer nur, wenn ihn an der Krankheit kein Verschulden trifft. Ein solches Verschulden liegt jedoch nur in Ausnahmefällen vor, nämlich dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurde. Die Rechtsprechung ist in diesem Zusammenhang sehr restriktiv in der Annahme des Verschuldens. Selbst Sportunfälle infolge von Risikosportarten wie Kickboxen oder Drachenfliegen lassen den Anspruch nicht entfallen.

Mehrmalige Arbeitsunfähigkeit mit verschiedenen, nacheinander eintretenden und voneinander unabhängigen Ursachen führt jeweils zu einem neuen sechswöchigen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Bei Wiederholungserkrankungen aufgrund derselben Ursache sieht das Gesetz nur die einmalige Entgeltfortzahlung für sechs Wochen vor. Anschließend erhält der Arbeitnehmer eine Kombination aus Krankengeld und Krankengeldzuschuss. Erst nach mindestens sechs Monaten stehen dem Arbeitnehmer im Fall der erneuten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Erkrankung erneut für weitere sechs Wochen Krankenbezüge zu. Erfüllt der Arbeitnehmer diese Bedingung nicht, erwirbt er dennoch einen neuen sechswöchigen Anspruch auf Krankenbezüge, wenn vor der ersten Arbeitsunfähigkeit zwölf Monate ohne Arbeitsunfähigkeit bestanden haben.

Der Anspruch auf Entgelt im Krankheitsfall geht nicht über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus. Er endet auch in dem Moment, von dem an der Arbeitnehmer eine Rente oder eine vergleichbare Leistung aufgrund eigener Versicherung aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung oder aus einer sonstigen Versorgungseinrichtung erhält, die nicht allein aus Mitteln des Arbeitnehmers finanziert ist.

Im Ergebnis entsteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch wegen Krankheit unter folgenden Voraussetzungen:

  1. Bestehendes Arbeitsverhältnis
  2. Vierwöchige ununterbrochene Dauer des Arbeitsverhältnisses (Wartezeit), § 3 Abs. 3 EntgFG
  3. Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit
    1. Krankheit: Regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der in einer Heilbehandlung oder Arbeitsunfähigkeit wahrnehmbar zu Tage tritt.
    2. Arbeitsunfähigkeit hinsichtlich der konkreten Tätigkeit
    3. Kausalität: Krankheit muss alleinige Ursache sein
  4. Kein Verschulden: Kein grobes Verschulden in eigenen Angelegenheiten.
  5. Anzeige- und Nachweispflichten, § 5 EntgFG

Liegen diese Voraussetzungen vor, ergibt sich in der Rechtsfolge ein Lohnanspruch aus §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EntgFG von 100 %, zeitlich beschränkt auf sechs Wochen.

2. Pflichten des Arbeitnehmers bei Arbeitsunfähigkeit

Liegt eine Arbeitsunfähigkeit vor, ist der Arbeitnehmer verpflichtet

  1. den Arbeitgeber über die Arbeitsunfähigkeit zu informieren und
  2. den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit zu erbringen.

Im Rahmen der Anzeigepflicht muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, die Arbeitsunfähigkeit anzeigen.

Unverzüglich bedeutet in diesem Zusammenhang bereits am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit. Das Versenden eines Briefes ist nicht ausreichend, da aufgrund des Postlaufes ansonsten mit einer Unterrichtung innerhalb eines Tages nicht zu rechnen wäre.

Vielmehr muss eine unverzügliche Mitteilung entweder mündlich telefonisch erfolgen oder schriftlich per SMS oder E-Mail.

Eine bestimmte Form der Anzeige ist nicht vorgeschrieben. Ob die Meldung daher mündlich, telefonisch, per SMS oder E-Mail erfolgt ist nicht ausschlaggeben. Wichtig ist nur, dass sie unverzüglich erfolgt. Es jedoch in jedem Fall empfehlenswert, die Mitteilung immer schriftlich vorzunehmen, um die Meldung bei eventuell später auftretenden Streitigkeiten beweisen zu können.  Leider kommt es nämlich bei gerichtlichen Auseinandersetzungen gelegentlich vor, dass sich der Arbeitgeber an ein Telefonat zur Arbeitunfähigkeit „nicht mehr erinnern“ kann. Die Beweislast zur Anzeigpflicht liegt dann immer beim Arbeitnehmer.

Da eine unterlassene – nicht beweisbare – Krankmeldung unter Umständen von einer Abmahnung bis hin zu einer eventuellen fristlosen Kündigung schwerwiegende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann,  empfehle ich Arbeitnehmern immer, eine beweisbare Schriftform zu wählen.

Die Mitteilung des Arbeitnehmers muss nicht enthalten, welche Krankheit vorliegt oder welchen Grund die Krankheit hat.

Schließlich muss der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Nachweispflicht für den Fall, dass er mehr als drei Tage andauernd erkrankt ist, am zweiten Erkrankungstag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen.

Der Arbeitgeber ist berechtigt, auch bereits ab dem ersten Tag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu verlangen. Dies bedeutet nicht, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung direkt am ersten Tag vorliegen muss. Sie muss aber in diesem Fall den ersten Tag umfassen.

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