Vollmachten und Verträge – privat und geschäftlich vorgesorgt?

Patientenverfügung, Testament, Vertretungsvollmachten – über diese Themen macht man sich erst Gedanken, wenn man mal älter ist. Oder?

Niemand spricht gern darüber, was passieren soll, wenn man plötzlich einer schweren Krankheit erliegt oder einen Verkehrsunfall hat, der schwerwiegende, vielleicht sogar tödliche Folgen hat. 

Dass man sich aber bereits vorzeitig mit diesen Themen auseinandersetzen sollte, zeigt einmal mehr der aktuelle Fall eines jungen Geschäftsführers (39), dem auf der Heimfahrt in der Nacht ein Geisterfahrer entgegenkam und der nun im Koma im Krankenhaus liegt.  Keine Patientenverfügung. keine Betreuungsverfügung. Kein Testament. Und nun?

Natürlich hatte die junge Familie auch schon das ein oder andere Mal über solche Horrorszenarien gesprochen. Aber die Einrichtung notwendiger Verfügungen und Vollmachten wurde immer wieder aufgeschoben. Man ist ja noch jung. Und außerdem können im Notfall der Ehepartner, die Kinder oder die Eltern alles Erforderliche regeln.

Das ist jedoch ein Trugschluss. Oftmals haben die Angehörigen nur wenige Rechte. Insbesondere unterliegen die Ärzte ihrer beruflichen Schweigepflicht. Und auch im Unternehmen müssen Entscheidungen getroffen und Maßnahmen ergriffen werden, die die Fortführung der Geschäfte sichern.

Es muss also vorgesorgt werden. Sowohl auf privater als auch auf unternehmerischer Ebene.

Nachfolgend sollen die wichtigsten Verträge und Vollmachten aufgezeigt und erläutert werden.

I. Private Vorsorge

Im Notfall haben sicherlich zunächst einmal die eigene medizinische Versorgung und die Sicherung Ihrer Liebsten höchste Priorität. 

Es soll sichergestellt sein, dass Sie die medizinische Behandlung und Betreuung erhalten, die Sie für sich bestimmt haben. Gleichzeitig wollen Sie Ihren Angehörigen schwierige Entscheidungen, wie etwa die Dauer der künstlichen Lebenserhaltung, abnehmen.

Und schließlich soll im schlimmsten Fall die Versorgung Ihres Ehepartners und Ihrer Kinder gesichert sein.

Die wichtigsten Bausteine privater Vorsorge sind daher in nachfolgender Checkliste zusammengestellt und sollen nachfolgend kurz beschrieben werden.

Checkliste Private Vorsorge:

  1. Betreuungsverfügung
  2. Patientenverfügung
  3. Vorsorgevollmacht
  4. Bankvollmacht
  5. Testament/Erbvertrag
  6. Vermögensaufstellung

1. Betreuungsverfügung

Ist jemand selbst nicht mehr in der Lage ist, seine eigenen Angelegenheiten zu erledigen – etwa aufgrund einer schweren Krankheit oder eines Unfalls – hat das deutsche Recht mit der Betreuungsverfügung eine Möglichkeit der persönlichen und selbstbestimmten Vorsorge vorgesehen. Der Vorteil der Betreuungsverfügung ist, dass sie nur dann Wirkungen entfaltet, wenn es tatsächlich erforderlich wird. Alles, was Sie über die Betreuungsverfügung wissen müssen, finden Sie hier.

2. Patientenverfügung

Mit einer schriftlichen Patientenverfügung kann festgelegt werden, welche medizinischen Maßnahmen durchzuführen sind oder unterlassen werden sollen, falls man zum Zeitpunkt der gebotenen Behandlung nicht mehr selbst entscheiden kann. Alle wichtigen Informationen über die Patientenverfügung finden Sie hier.

3. Vorsorgevollmacht

Nach deutschem Recht kann eine Person eine andere Person im Rahmen einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigen, im Falle einer Notsituation bestimmte Aufgaben zu erledigen. Ziel der Vorsorgevollmacht ist es, den Bevollmächtigten zum Vertreter des eigenen Willens zu ernennen. Ist der Vollmachtgeber nicht mehr entscheidungsfähig, entscheidet der Bevollmächtigte damit an seiner Stelle. Alles, was Sie über die Vorsorgevollmacht wissen müssen, finden Sie hier.

4. Bankvollmacht

Im deutschen Recht kann ein Kontoinhaber gegenüber seiner kontoführenden Bank zugunsten Dritter eine Bankvollmacht erteilen. Diese dürfen sodann über das Bankkonto verfügen, soweit es der Umfang der Vollmacht zulässt.

Auf privater Ebene sind über ein Bankkonto sind automatisch der Kontoinhaber und dessen gesetzliche Vertreter verfügungsberechtigt (Eltern bei Minderjährigen, sowie Pfleger und Betreuer). 

Zur Absicherung für den Fall, dass der Kontoinhaber – etwa aufgrund eines Unfalls oder einer schweren Krankheit – seine Bankgeschäfte nicht mehr fortführen kann, wird oftmals dem Ehepartner eine Bankvollmacht erteilt. 

Den Umfang der Bankvollmacht kann der Kontoinhaber selbst bestimmen.

Im Regelfall ist die Kontovollmacht unbegrenzt. Sie berechtigt den Bevollmächtigten zur Vornahme aller Geschäfte, die mit der Kontoführung in engem Zusammenhang stehen. Er kann damit über das Kontoguthaben verfügen, insbesondere Barhabhebungen oder Überweisungen vornehmen, Einzugsermächtigungen bei Lastschriften erteilen, Abbuchungsaufträge zulassen und Kontoauszüge entgegennehmen. 

In Ausnahmefällen kann der Kontoinhaber die Kontovollmacht auch beschränken, etwa dahingehend, dass ein Bevollmächtigter nur über einen festgelegten Betrag verfügen oder beispielsweise nur Überweisungen für den Kontoinhaber in Auftrag geben darf. 

Hinsichtlich der Arten der Bankvollmacht wird unterschieden zwischen der „transmortalen“ Bankvollmacht, welche auch über den Tod des Kontoinhabers hinaus gilt, die „prämortale“ Bankvollmacht, welche mit dem Tod des Kontoinhabers erlischt, sowie die „postmortale“ Bankvollmacht, welche erst mit dem Tod des Kontoinhabers in Kraft tritt.

Der Kontoinhaber kann einmal ausgesprochene Kontovollmachten jederzeit gegenüber der kontoführenden Bank einseitig widerrufen. Mit dem Widerruf erlischt die Vollmacht. Vollmachten erlöschen darüber hinaus automatisch, wenn der Bevollmächtigte verstirbt oder geschäftsunfähig wird, sowie bei Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Kontoinhabers.

Verstirbt der Kontoinhaber treten seine Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge § 1922 Abs. 1 BGB) in die Rechtsstellung des Kontoinhabers ein und sind dann berechtigt, „transmortale“ oder „postmortale“ Bankvollmachten zu widerrufen. Ob insoweit jeder Miterbe die Vollmacht anteilig mit Wirkung für sich widerrufen kann oder ob der Widerruf den gesetzlichen Regelungen zur Erbengemeinschaft folgt (Mehrheitsentscheidung, nur bei Notverwaltung einer für alle), ist umstritten. 

5. Testament

Für den Fall des Todes sieht das deutsche Recht vor, dass der Erblasser über sein Vermögen eine letztwillige Verfügung (Testament) erstellen kann. Es handelt sich hierbei um eine einseitige, formbedürftige Willenserklärung, mit der der Erblasser einzelne oder mehrere Personen als Erben einsetzen oder enterben kann. Darüber hinaus kann mittels eines Testaments die Aussetzung von Vermächtnissen, Auflagen oder Teilungsanordnungen geregelt werden, Erbanteile auf Pflichtteile beschränkt oder Pflichtteile entzogen werden, sowie eine Testamentsvollstreckung durch Testamentsvollstrecker angeordnet werden.

Liegt kein Testament vor, gilt die gesetzliche Erbfolge.

Hinsichtlich der Form des Testaments kann der Erblasser zwischen dem privaten handschriftlichen Testament und dem öffentlichen notariellen Testament wählen.

Das private handschriftliche Testament muss vollständig eigenhändig geschrieben und am Ende der Urkunde unterschrieben sein, damit anhand der Handschrift die Identität des Erblassers nachgeprüft werden kann. Es reicht daher nicht, ein maschinenschriftliches Dokument zu unterzeichnen.

Ort und Zeit der Errichtung des Testaments müssen ebenfalls angegeben sein. 

Alternativ kann der Erblasser sich auch für ein öffentliches notarielles Testament entscheiden, bei dem der Erblasser einem Notar gegenüber seinen letzten Willen erklärt. Der Notar gibt das Testament sodann in besondere amtliche Verwahrung.

Im Erbfall kann dieses notarielle Testament in der Regel einen Erbschein überflüssig machen, insbesondere im Grundbuchverfahren oder bei Banken. 

Andererseits löst es bei der Erstellung mitunter nicht unerhebliche Kosten aus.

6. Vermögensaufstellung

Eine Vermögensaufstellung ist eine Auflistung der aktuellen finanziellen Situation. Sie dient dazu, einen Überblick die ganzen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zu verschaffen. 

Bei einem Unfall oder einer schweren Krankheit kann sie der Familie helfen, schnell einen Überblick über die aktuelle finanzielle Situation zu erhalten und gegebenenfalls schnell handeln zu können.

Auch im Falle des Todes hilft sie den Erben schnell, sich in der finanziellen Situation des Erblassers zurecht zu finden.

II. Unternehmerische Vorsorge

Sicher ist auch die Vorsorge für Ihr Unternehmen nicht minder wichtig.

Es muss sichergestellt sein, dass auch in Ihrer Abwesenheit die Geschäfte weiter geführt werden können. 

Einen Überblick über die wichtigsten Vorkehrungen gibt die nachfolgende Checkliste.

Checkliste Unternehmerische Vorsorge

  1. Vertretungsplan
  2. Vollmachten
  3. Vertragsübersicht

1. Vertretungsplan

Um im Falle eines längeren Ausfalls oder gar des Todes sicherzustellen, dass die operativen Geschäfte des Unternehmens zunächst nahtlos weitergeführt werden können, empfiehlt es sich einen umfassenden Vertretungsplan zu erstellen. Dieser sollte zunächst die sofort zu benachrichtigenden Personen nebst Kontaktdaten beinhalten sowie Regelungen über die vorläufige Leitung des Unternehmens treffen. Darüber hinaus bietet sich je nach Unternehmensform und -größe an, einen Firmenbeirat zu bestimmen, der entweder beratend oder aktiv der vorläufigen Firmenführung zur Seite stehen kann. Gegebenenfalls kann auch ein Krisenstab bestimmt werden, um das Unternehmen oder einzelne Projekte fortführen zu können.

Der Vertretungsplan sollte ferner die Kontovollmachten im Unternehmen sowie im Privatbereich auflisten sowie Vermögenssorgevollmachten und Generalvollmachten auflisten. 

Weiterhin sollte der Vertretungsplan ein Schlüsselverzeichnis beinhalten sowie Passwörter und Codes sowie Softwarelizenzen auflisten und einen Verantwortlichen für die EDV benennen.

Darüber hinaus sollten hier auch die Bankverbindungen des Unternehmens, Versicherungen und sonstige Partner aufgelistet werden.

Auch sollte der Vertretungsplan eine Liste wichtiger Verträge, Kunden und Lieferanten sowie Anweisungen für aktuelle Projekte enthalten.

Weiterhin empfiehlt sich, auch eine Vermögensaufstellung nebst Immobilienverzeichnis in den Vertretungsplan mit aufzunehmen.

Schließlich sollte für den Fall des plötzlichen Todes die Unternehmensnachfolge dokumentiert sein, die die Erbregelung und Betriebsnachfolge dokumentiert sowie gegebenenfalls den Aufbewahrungsort von Testamenten, Erbverträgen sowie Vorsorgevollmachten beinhaltet.

2. Vollmachten

Im Falle längerer Abwesenheit oder des Todes sollten alle wesentlichen Vollmachten schnell auffindbar und den Verantwortlichen und Erben problemlos zugänglich sein. 

Neben der Auflistung aller wesentlichen Vollmachten in einem umfassenden Vertretungsplan sollten diesem zumindest Abschriften der jeweiligen Vollmachten beigefügt sowie der Hinterlegungsort der Original-Urkunden benannt werden.

Als wichtigste Vollmachten sind neben den Kontovollmachten des Unternehmens die Vermögenssorgevollmacht, Generalvollmachten sowie etwaige letztwillige Verfügungen wie etwa Testamente und Erbverträge und schließlich die private Vorsorgevollmacht zu nennen.

3. Vertragsübersicht

Unabhängig von der Form und Größe des Unternehmens sollte für den Fall des krankheitsbedingten längeren Ausfalls sowie für den Todesfall eine Übersicht über alle relevanten Verträge angefertigt werden.

Diese sollten zunächst einmal die Gesellschaftsverträge sowie eine Übersicht über die Bilanzen, Steuererklärungen und Kreditverträge des Unternehmens beinhalten.

Weiterhin sollte eine Auflistung sämtlicher bestehender Arbeitsverträge vorhanden sein.

Wichtige Kauf- und Leasingverträge sollten hiernach ebenfalls aufgeführt werden, ebenso wie sämtliche Versicherungsverträge des Unternehmens, sowie Miet-, Pacht- und Serviceverträge.

Im Falle des Vorhandenseins eines Fuhrparks empfiehlt sich schließlich, eine Liste sämtlicher Geschäftsfahrzeuge nebst Kfz-Briefen zu führen.

Schließlich sollte die Vertragsübersicht auch eine Dokumentation eventuell bestehender Bürgschaften sowie Grundbuchauszüge der Immobilien des Unternehmens enthalten.

Praxistipp: 

Oftmals stehen einzelne Vorsorgeverfügungen, -verträge und -vollmachten in unmittelbarem Zusammenhang!

Wenn sich einzelne Bestimmungen widersprechen, beginnt oftmals die mühsame und langwierige Suche nach dem eigentlichen Willen des Verfügenden.

Lassen Sie sich daher bei der Erstellung Ihrer Dokumente durch Ihren Rechtsanwalt beraten und sprechen Sie die Folgen auch mit Ihrem Arzt durch! Im Ernstfall können so schnelle Entscheidungen nach Ihrem Willen getroffen werden. 

Gern stehe ich Ihnen für eine umfassende Beratung zur Verfügung! 

Rufen Sie einfach an unter 06172/9819983 oder senden Sie eine E-Mail an info@kanzlei-neuendorff.de.   

Dieser Artikel wird regelmäßig auf Aktualität geprüft.

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