Covid-19: Rückerstattungsansprüche bei Reisen

I. Rückerstattungsanspruch bei Stornierung durch den Reiseveranstalter  

Reisende, die eine Pauschalreise gebucht haben, haben einen Anspruch auf Rückerstattung des vollen Reisepreises, wenn der Reiseveranstalter die Reise aufgrund der Covid-19 Pandemie storniert. Anspruchsgrundlage hierfür ist § 651h BGB.

1. Vorliegen einer Pauschalreise

Voraussetzung ist hierfür zunächst, dass es sich bei der gebuchten Reise um eine Pauschalreise handelt.

Gemäß § 651a BGB liegt eine Pauschalreise vor, wenn Reisende mindestens zwei Reiseleistungen (beispielsweise Flug und Hotelunterkunft) zusammen gebucht haben. Auch eine Kreuzfahrt ist eine Pauschalreise im Sinne des § 651a BGB.  Dagegen sind Tagesreisen nur dann als Pauschalreisen zu bewerten, wenn der Reisepreis 500,00 € übersteigt. 

Praxistipp: Rückzahlungsanspruch bei reiner Flugreise (keine Pauschalreise):

Wer Geld für eine individuell gebuchte Reiseleistung zurückfordert, hat ebenfalls gute Chancen, die Kosten der Flugreise zurückerstattet zu bekommen. Anspruchsgrundlage ist in diesem Fall die EU-Verordnung Nr. 261/2004. Diese Verordnung gilt für alle Fluggäste, zumindest, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen innereuropäisch ist.

Im Fall einer Stornierung durch das Flugunternehmen bekommen Reisende bei stornierten Flügen ihr Geld zurück oder können einen Ersatzflug zu einem späteren Zeitpunkt wahrnehmen. Findet der Flug hingegen statt, haben Reisende kein generelles Recht auf Umbuchung oder kostenloses Storno. Aufgrund der Covid-19 Pandemie bieten aber viele Gesellschaften individuelle Kulanzregelungen und flexible Umbuchungsmöglichkeiten an.

2. Stornierung durch den Reiseveranstalter

Gemäß § 651h Abs. 4 Nr. 2 BGB kann der Reiseveranstalter vor Reisebeginn vom Vertrag zurücktreten, wenn er durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände an der Erfüllung des Vertrages gehindert wird. Er ist in diesem Fall verpflichtet, den Rücktritt unverzüglich nach Kenntnis des Rücktrittsgrundes zu erklären.

Ein unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand liegt vor, wenn der Reiseveranstalter seine Reise aufgrund der Covid-19 Pandemie nicht mehr anbieten kann. In diesem Fall ist er zur Stornierung der gebuchten Reise berechtigt.

3. Rechtsfolge: Verlust des Anspruchs auf den Reisepreis

Tritt ein Reiseveranstalter aufgrund der Covid-19 Pandemie vom Reisevertrag zurück, verliert er gemäß § 651h Abs. 4 S. 2 BGB seinen Anspruch auf den Reisepreis. 

In diesen Fällen muss der Veranstalter den bereits bezahlten Reisepreis oder eine Anzahlung auf den Reisepreis erstatten.

4. Rückzahlungsfrist

Ist der Reiseveranstalter infolge eines Rücktritts zur Rückerstattung des Reisepreises verpflichtet, hat er die Rückerstattung unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt zu leisten, § 651h Abs. 5 BGB.

Die Erstattungsfrist ist zwingend. Sie darf nicht zum Nachteil des Kunden verlängert werden. Außerdem ist der Reisepreis auch dann zu erstatten, wenn der Reiseveranstalter seine Zahlungen von der Fluggesellschaft oder dem Hotel nicht zurück erhält. 

Nach diesseitiger Erfahrung reagieren viele Reiseveranstalter nicht auf Forderungsschreiben und erstatten den Reisepreis erst dann zurück, wenn sie hierauf verklagt werden. So wird vielfach versucht, die Forderung „auszusitzen“.

Kontaktieren Sie uns! Gern stehe ich Ihnen für dir Durchsetzung Ihrer Ansprüche zur Verfügung.

II. Rückerstattungsanspruch bei eigener Kündigung des Reisevertrages

Kann das Ziel Ihrer Pauschalreise aufgrund der Covid-19 Pandemie nicht bereist werden, müssen Sie nicht darauf warten, dass der Reiseveranstalter die Reise absagt.

Vielmehr können Sie Ihre Pauschalreise auch gemäß § 651h Abs. 3 BGB selbst stornieren.

Aber Vorsicht!

Voraussetzung für eine kostenlose Stornierung des Reisenden ist, dass am Reiseziel unvermeidbare außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Reise erheblich beeinträchtigen. Entscheidend sind hierbei die Gesamtumstände des Einzelfalls! 

1. Voraussetzungen

Treten Sie vom Reiservertrag aufgrund von höherer Gewalt zurück, muss der Reiseveranstalter den Reisepreis erstatten. Wenn Sie Ihre Reise jedoch vorschnell oder ohne triftigen Grund stornieren, kann der Reiseveranstalter hingegen Stornogebühren oder eine Entschädigung verlangen.

Spricht das Auswärtige Amt für das Ziel Ihrer Reise eine Reisewarnung aus, liegt darin ein außergewöhnlicher Umstand, der Sie berechtigt, kostenfrei vom Reisevertrag zurück zu treten.

Liegt hingegen für den Zeitraum der geplanten Reise keine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vor, ist die Rechtslage komplizierter. In diesen Fällen gilt:

Ein kostenloser Rücktritt ist gemäß § 651h Abs. 3 BGB immer dann möglich, wenn am Urlaubsort außergewöhnliche Umstände vorliegen, die die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigen. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn etwa bei einer Rundreise die meisten Sehenswürdigkeiten nicht besichtigt werden können oder die Reiseroute erheblich geändert werden muss. Hier entscheidet jeweils die Würdigung des Einzelfalles, ob eine “erhebliche Beeinträchtigung“ vorliegt. Maßgebend sind der Inhalt der Buchung sowie die Gegebenheiten im Reisegebiet. 

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass ein Reiseveranstalter zur Rückzahlung des kompletten Reisepreises verpflichtet ist, wenn ein Kunde die gebuchte Reise vor Reiseantritt storniert und zu diesem Zeitpunkt bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitsgefährdende Ausbreitung des Corona-Virus im Reisegebiet bestand. (Amtsgericht Frankfurt vom 11.08.2020, Az.: 32 C 2136/20 (18)).

Praxistipp: Eine vorschnelle Stornierung der Reise kann unliebsame Stornogebühren und Entschädigungskosten nach sich ziehen.

Es empfiehlt sich bei Reisen, für die keine Reisewarnung besteht, zunächst von der Möglichkeit einer frühen Stornierung Gebrauch zu machen, da die Stornogebühren in der Regel ansteigen, je später die Stornierung ausgesprochen wird. 

Wenn Sie sich zu einem Rücktritt entschließen, sollten Sie unbedingt die aktuellen Reisehinweise des Auswärtigen Amtes für Ihr Reiseziel sowie alle Informationen zu den Reiseorten speichern (etwa die Schließung von Sehenswürdigkeiten oder Gastronomie). Ohne diese Informationen ist es später sehr schwer, geltend gemachte Stornogebühren rechtswirksam zu verweigern. 

2. Rechtsfolge

In Fällen des Reiserücktritts durch den Reisenden aufgrund des tatsächlichen Vorliegens eines außergewöhnlichen Umstandes muss der Veranstalter den bereits bezahlten Reisepreis oder eine Anzahlung auf den Reisepreis erstatten.

Der Reiseveranstalter kann die Rückzahlung des Reisepreises mithin nicht mit dem Argument verweigern, dass außergewöhnliche Umstände oder höhere Gewalt vorliegen. Auch darf der Veranstalter Sie nicht an eine Reiserücktrittsversicherung verweisen. Schließlich kann der Veranstalter auch keine Stornierungsgebühr oder eine sonstige Entschädigung verlangen oder Sie zu einer Umbuchung oder zur eigenen Stornierung zwingen.

3. Rückzahlungsfrist

Auch bei einem Rücktritt durch den Reisenden ist der Reiseveranstalter zur Rückerstattung des Reisepreises verpflichtet, und hat die Rückerstattung unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt zu leisten, § 651h Abs. 5 BGB.

Auch hier gilt: Die Erstattungsfrist ist zwingend. Sie darf nicht zum Nachteil des Kunden verlängert werden. Außerdem ist der Reisepreis auch dann zu erstatten, wenn der Reiseveranstalter seine Zahlungen von der Fluggesellschaft oder dem Hotel nicht zurück erhält. 

III. Gutschein statt Rückzahlung?

Derzeit bieten viele Reiseveranstalter ihren Kunden an, statt der Rückzahlung des Reisepreises einen Gutschein oder eine Umbuchung an. Nach geltendem deutschen Recht ist dies jedoch nicht zulässig. Als Pauschalreisende haben Sie einen eindeutigen Anspruch auf Rückerstattung des Reisepreises in Geld binnen 14 Tagen. Einen Reisegutschein müssen Sie daher nicht annehmen.

Eine Gutscheinpflicht für Pauschalreisen konnte die deutsche Bundesregierung nicht umsetzen, da das deutsche Reiserecht mit dem geltenden EU-Pauschalreise-Richtlinie konform sein muss. Dies sieht jedoch eine Verpflichtung des Veranstalters zur Rückerstattung des Reisepreises vor. Die Europäische Union hat die Gutscheinpflicht daher abgelehnt.  

Die Bundesregierung konnte daher am 2. Juli 2020 lediglich beschließen, dass Gutscheine der Reiseveranstalter für Reisen, die vor dem 8. März 2020 gebucht wurden, gegen Insolvenz abgesichert werden. Dies begründet jedoch keine Pflicht zur Gutscheinausstellung. Der Anspruch auf Erstattung des Reisepreises bzw. die schon geleistete Anzahlung bleibt also weiterhin bestehen.

Entscheidet sich der Reisende dennoch für die Annahme eines Reisegutscheins anstelle der Rückerstattung ist der Reisepreis mithin gesichert. Wer einen Gutschein vom Reiseveranstalter annimmt, muss daher nicht befürchten, dass sein Geld weg ist, falls der Reiseveranstalter Insolvenz anmeldet. Wird der Gutschein bis Dezember 2021 nicht vom Reisenden eingelöst, muss der Reiseveranstalter den Wert ausbezahlen. Kosten für den Gutschein oder die Einlösung dürfen dem Reisenden nicht entstehen. Dies gilt auch für Gutscheine, die Reisende vor Inkrafttreten dieser Regelung am 31. Juli 2020 akzeptiert haben.

IV. Stornokosten

Diie Berechnung von Stornogebühren, Bearbeitungspauschalen oder ähnlichen Kosten durch den Reiseveranstalter ist unzulässig. Es besteht unter den oben genannten Voraussetzungen ein Anspruch auf volle Rückerstattung des Reisepreises.

Die Prozentsätze, die von den Reiseveranstaltern in ihren Allgemeinen Reisebedingungen aufgeführt werden, gelten nur für den Fall, dass der Reisende grundlos vom Reisevertrag zurücktritt.

V. Reiserücktrittsversicherung

Eine Rücktrittsversicherung kann in der Regel erst dann in Anspruch genommen werden, wenn der Reisende selbst krank geworden ist oder sich ein Unfall ereignet hat. Wenn der Reisende hingegen lediglich befürchtet, sich mit einer Krankheit zu infizieren oder im Falle einer Reisewarnung für das entsprechende Reiseland greift die Reiserücktrittsversicherung hingegen nicht. 

Selbst, wenn der Reisende am Covid-19 Erreger erkrankt, muss die Versicherung nicht in jedem Fall eintreten, da die Krankheit als Pandemie eingestuft wurde. Gerade diesen Fall haben aber manche Versicherer in ihren Policen ausgeschlossen. Hier sind die individuellen Vertragsbedingungen genau zu prüfen.

VI. Was tun, wenn der Reiseveranstalter den Reisepreis nicht erstattet?

Erfahrungsgemäß verweigern viele Reiseveranstalter die Erstattung des Reisepreises oder verzögern die Auszahlung. Sie reagieren oftmals nicht auf Forderungsschreiben und leisten erst dann Zahlung, wenn sie hierauf verklagt werden. So wird vielfach versucht, die Forderung „auszusitzen“.

Kontaktieren Sie uns! Gern stehe ich Ihnen für dir Durchsetzung Ihrer Ansprüche zur Verfügung.