Der Telearbeitsvertrag
Das Arbeiten von zu Hause aus im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gewinnt im Rahmen der Covid-19 Pandemie in vielen Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Die vertraglichen Regelungen hierzu finden sich jedoch in den wenigsten Arbeitsverträgen wieder, obwohl gerade bei Homeoffice-Arbeitsplätzen zahlreiche wichtige Besonderheiten zu beachten sind.
1. Einführung
Das Arbeiten im Homeoffice wird unter den Begriff der Telearbeit gefasst. Gemeint sind hiermit allgemein sämtliche Beschäftigungsformen, bei denen zumindest ein Teil der Arbeitsleistung von außerhalb des Unternehmens erbracht wird, in der Regel unter Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologie. Je nach Ausgestaltung des Arbeitsvertrages kann Telearbeit kann als Heimarbeit, freie Mitarbeit oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zu erbringen sein. Im Rahmen der Covid-19 Pandemie wird dabei zur Vermeidung von Ansteckungsgefahr im Betrieb hauptsächlich die ausschließliche, häusliche Telearbeit (Arbeitsleistung nur im Homeoffice) eingerichtet.
2. Vertragliche Voraussetzungen
Die Einführung von Homeoffice-Arbeit erfordert immer eine arbeitsvertragliche Vereinbarung.
Art. 13 GG sichert den Schutz der Wohnung. Ein Unternehmen kann daher seine Mitarbeiter nicht zur Errichtung eines Arbeitsplatzes in ihrer Wohnung verpflichten. Auch kann das Unternehmen nicht die Einführung von Homeoffice-Arbeit mittels einseitigem Direktionsrecht gemäß § 106 GewO anordnen (LAG Düsseldorf, Urt. v. 10.9.2014 – 12 Sa 505/14). Schließlich wird die Einrichtung eines Arbeitsplatzes zu Hause auch nicht von einer häufig in Arbeitsverträgen zu findenden arbeitsvertraglichen Versetzungsklausel gedeckt.
Mit bereits beschäftigten Arbeitnehmern sollte das Unternehmen daher die durch die Homeoffice-Arbeit erforderlichen besonderen Regelungen in einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vereinbaren. Bei neu einzustellenden Arbeitnehmern kann der Arbeitgeber indes die entsprechenden Homeoffice-Regelungen direkt in den neuen Arbeitsvertrag einfügen, gemeinsam mit allen anderen arbeitsrechtlichen Regelungen, wie etwa das Arbeitsentgelt, Urlaub, Beendigung, Ausschlussfristen etc.
Wichtig ist, dass alle Vereinbarungen zur Homeoffice-Arbeit der AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterliegen. Es ist daher zwingend erforderlich, dass der Arbeitgeber bei der Formulierung vor allem auf eine transparente und angemessene Vertragsgestaltung achtet.
3. Anforderungen an den Arbeitsplatz im Wohnraum
a. Arbeitsrechtliche Anforderungen
Die Errichtung einer Arbeitsstätte in der Wohnung des Arbeitnehmers erfordert, dass der häusliche Arbeitsplatz zahlreichen Bestimmungen gerecht werden muss, etwa dem Arbeits- und Gesundheitsschutz, den allgemeinen Anforderungen hinsichtlich Unfallverhütung, Arbeitssicherheit, Ergonomie, etc. Der Arbeitgeber ist insoweit insbesondere verpflichtet, für die Einhaltung der Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) und der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) auch am häuslichen Arbeitsplatz zu sorgen. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber im Interesse sowohl der allgemeinen Sicherheit, als auch im Hinblick auf datenschutzrechtliche Vorschriften darauf achten, dass sich das Homeoffice in einem abschließbaren Raum und nicht etwa im Wohnzimmer des Arbeitnehmers befindet.
b. Miet- und eigentumsrechtliche Anforderungen
Weiterhin ist zu bedenken, dass die Nutzung einer vom Arbeitnehmer gemieteten Wohnung im entsprechenden Mietvertrag in der Regel ausschließlich als Wohnraum vorgesehen ist und nicht als – wenn auch nur vorübergehende – Arbeitsstätte. Hier bietet sich eine arbeitsvertragliche Regelung an, nach der der Arbeitnehmer eine Genehmigung des Vermieters zur Nutzung der Wohnung als häusliche Arbeitsstätte vorlegt. Eine vergleichbare Regelung sollte für den Fall getroffen werden, dass der Arbeitnehmer nicht Alleineigentümer der Wohnung/des Hauses ist.
Die Genehmigung des Vermieters zur Nutzung von Wohnraum als häusliche Arbeitsstätte sollte idealerweise vor der tatsächlichen Einrichtung des Homeoffice und vor Abschluss des entsprechenden Telearbeitsvertrages eingeholt werden. Kann die Genehmigung im Vorfeld nicht erwirkt werden, sollten Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine vertragliche aufschiebende Bedingung vereinbaren.
c. Zugangs- und Kontrollrechte
Aufgrund der grundrechtlich gesicherten Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 GG darf weder der Arbeitgeber noch ein sonstiger Dritter ohne ausdrückliche Zustimmung des Arbeitnehmers dessen Wohnung betreten.
Der Arbeitgeber muss jedoch andererseits zur Prüfung der Einhaltung der oben aufgeführten Arbeitsschutzbestimmungen die Möglichkeit haben, die Wohnung des Arbeitnehmers zu betreten.
Es ist daher unerlässlich, im Rahmen des Telearbeitsvertrages ein Zugangsrecht des Arbeitgebers zur Privatwohnung des Arbeitnehmers vertraglich zu vereinbaren.
Eine entsprechende vertragliche Regelung findet sich im beigefügten Muster eines Telearbeitsvertrages.
4. Regelung der Arbeitszeit
Die Regelung der im Homeoffice zu leistenden Arbeitszeiten sollte arbeitsvertraglich klar festgelegt werden.
a. Einteilung der Arbeitszeit
Die Einteilung der Arbeitszeit im Homeoffice sollten sich die Arbeitnehmer weitestgehend selbst einteilen können. Zur Sicherstellung der unternehmensinternen und externen Kommunikation empfiehlt sich jedoch, konkrete Zeitfenster für die Erreichbarkeit zu vereinbaren.
Essenziell ist darüber hinaus eine eindeutige Regelung zur Ableistung von Überstunden/Mehrarbeit sowie deren Vergütung. Auch etwaig über die reguläre Arbeitszeit hinausgehende, zuschlagspflichtige Arbeitszeiten, wie beispielsweise Nacht-, Feiertags- und Sonntagsarbeit müssen eindeutig geregelt werden. Hier muss vermieden werden, dass der Arbeitgeber vermeidbare Zuschlagszahlungen leisten muss. Eine eindeutige und auf den Einzelfall abgestimmten Regelung, unter welchen Voraussetzungen zuschlagspflichtige Arbeitszeiten geleistet werden dürfen, ist daher unerlässlich.
b. Dokumentation der Arbeitszeit
Der Arbeitgeber hat regelmäßig keine oder nur bedingte Kontrollmöglichkeiten auf die tatsächlich geleistete Arbeitszeit der Arbeitnehmer im Homeoffice. Die Einhaltung der auch für die Arbeit im Homeoffice geltenden Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) entzieht sich damit faktisch dem Einfluss des Unternehmens. Im Rahmen der Homeoffice-Arbeit sollte der Arbeitgeber daher seine Arbeitnehmer zur Einhaltung des ArbZG sowie zur Dokumentation ihrer Arbeitszeit verpflichten.
Darüber hinaus bietet es sich auch unter dem Gesichtspunkt der arbeitgeberrechtlichen Fürsorgepflicht an, wenn der Arbeitgeber für die Tätigkeit im Homeoffice zumindest einen Arbeitszeitrahmen festlegt.
Checkliste Arbeitszeiten
Zur Regelung der Arbeitszeit sollte ein Telearbeitsvertrag die nachfolgenden Punkte enthalten:
- Freie Arbeitszeiteinteilung des Arbeitnehmers
- Festlegung von Erreichbarkeitszeiten
- Regelung zu den Voraussetzungen, dem Entstehen und der Vergütung von Überstunden, Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit und sonstiger zuschlagspflichtiger Arbeitszeit
- Arbeitszeiterfassung und -dokumentation
- Verpflichtung zur Einhaltung des ArbZG
- Anzeige von Abwesenheitszeiten, Arbeitsverhinderungen, Systemstörungen etc.
- Fahrtzeiten zwischen Betrieb und Homeoffice gelten nicht als Arbeitszeit
5. Daten- und Geheimnisschutz
Die Arbeit im Homeoffice kann zu einem erhöhten Risiko führen, dass unbefugte Zugriff auf vertrauliche Daten und Unterlagen erlangen. Je nach Sensibilität der vom Arbeitgeber im Homeoffice zu verarbeitenden Daten muss der Unternehmer insoweit besondere arbeitsvertragliche Voraussetzungen schaffen, um unbefugten Zugriff zu unterbinden.
Zum einen erfordert der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen klare vertragliche Vorgaben.
Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im Homeoffice muss der Arbeitgeber darüber hinaus sicherstellen, dass die Vorgaben der DSGVO eingehalten werden.
Das Unternehmen sollte daher über die bestehenden arbeitsvertraglichen Regelungen zur Einhaltung der gesetzlichen und betrieblichen Regelungen zum Datenschutz und zur Datensicherheit hinaus auch Regelungen mit seinen Homeoffice-Arbeitnehmern vereinbaren, die diese verpflichten, sämtliche betriebliche Daten, Unterlagen und Passwörter stets unter Verschluss zu halten, Zugangswege zum Unternehmensdatennetz nicht weiterzugeben und nicht mehr erforderliche Unterlagen zuverlässig, etwa mit einem Schredder, zu vernichten.
6. Arbeitsmittel
a. Zurverfügungstellung erforderlicher Arbeitsmittel
Die Arbeitsmittel, die der Arbeitnehmer zur Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten benötigt, etwa ein ergonomischer Stuhl, Schreibtisch, Aufbewahrungsschrank, PC, Bildschirm, Laptop, Smartphone, Drucker, Büromaterialien, sowie gegebenenfalls die erforderlichen technischen Anschlussvorrichtungen, müssen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden.
Entsprechende Anschaffungs- und Anschlusskosten sowie die laufenden Kosten für Wartung und Aktualisierung muss das Unternehmen tragen.
Es empfiehlt sich, eine Inventarliste aller dem Arbeitgeber überlassenen Arbeitsmittel zu erstellen. Hierdurch können bei Rückkehr des Arbeitnehmers zum betrieblichen Arbeitsplatz Unklarheiten darüber vermieden werden, in wessen Eigentum die überlassenen Arbeitsmittel stehen.
b. Private Arbeitsmittel und private Nutzung betrieblicher Arbeitsmittel
Die Nutzung privater Arbeitsmittel, etwa des PCs oder Handys des Arbeitnehmers, sollte mit Blick auf die einzuhaltenden Daten- und Arbeitsschutzbestimmungen möglichst vertraglich ausgeschlossen werden.
Gestattet der Arbeitgeber die Nutzung von privaten Geräten, ist eine strikte Regelung zur Trennung betrieblicher und privater Daten sowie weiterer umfassender Regelungen zu Datensicherheit, Nutzerverhalten und Zugriffsrechten, erforderlich.
Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern die private Nutzung der Arbeitsmittel gestattet.
c. Homeoffice-Kosten
Entstehen dem Arbeitnehmer Kosten für den Betrieb eines Homeoffice, beispielsweise anteilige Miet-, Neben-, Strom- oder Heizungskosten, hat er gegenüber dem Arbeitgeber einen Aufwendungsersatzanspruch. Zur vertragsrechtlichen Vereinfachung bietet sich an, hierfür einen pauschalen Betrag zu vereinbaren.
Schließlich sollte der Telearbeitsvertrag eine Regelung vorsehen, nach der die Fahrtkosten zwischen Betrieb und Homeoffice nicht erstattet werden.
7. Haftung
Im Gegensatz zur Ausübung der Arbeitstätigkeit im Betrieb des Arbeitgebers Betrieb besteht bei einer Homeoffice-Tätigkeit des Arbeitnehmers ein zusätzliches Risiko für Schäden, die durch Mitbewohner oder Familienangehörige des Arbeitnehmers in dessen Wohnung entstehen können.
Die für den Arbeitnehmer geltenden Haftungsbegünstigungen für selbst verursachte Schäden gelten für diesen Personenkreis nicht oder nur in sehr eingeschränktem Maße.
Aurgrund der Besonderheiten der Homeoffice-Arbeit bietet es sich an, die Haftungsprivilegien der Arbeitnehmerhaftung arbeitsvertraglich auch auf diesen Personenkreis zu erstrecken.
8. Beendigung von Homeoffice
Abschließend bedarf es einer Regelung der Beendigung der Homeoffice-Arbeit und der Wiedereingliederung des Arbeitnehmers in das betriebliche Arbeitsumfeld unter Fortführung des Arbeitsverhältnisses.
Ist die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Homeoffice nur zwischenzeitlich und lediglich befristet eingerichtet worden, bedarf es einer arbeitsvertraglichen Regelung für die Rückkehr des Arbeitnehmers an den Arbeitsplatz Unternehmen.
Im Einzelfall kann auch eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Gestalt einer Beendigungs- oder Änderungskündigung notwendig sein, wenn das Unternehmen dem Arbeitnehmer nach Beendigung der Homeoffice-Tätigkeit keinen betrieblichen Arbeitsplatz mehr anbieten kann.
9. Muster eines Telearbeitsvertrages
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