Tritt bei einem Einzelunternehmen der Erbfall ein, ohne dass im Vorfeld Nachfolgeregelungen getroffen wurden, ist das Unternehmen je nach Erbenkonstellation von der Zerschlagung bedroht. Zur Sicherung des Fortbestandes des Unternehmens empfiehlt es sich daher, bereits frühzeitig entsprechende Nachfolgeregelungen zu treffen.
1. Einzelunternehmen im Nachlass
Gemäß § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) fällt ein Einzelunternehmen bei gesetzlicher Erbfolge im Zeitpunkt des Erbfalls als Sachgesamtheit nach in den Nachlass. Es wird dann gemäß § 2032 BGB Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft. Die entstehende Erbengemeinschaft wird damit selbst Trägerin des Unternehmens (Im Unterschied hierzu gilt bei der Nachfolge von Personengesellschaften, dass jeder Erbe im Wege der Sondererbfolge lediglich einen seiner Erbquote entsprechenden Teil des Unternehmens erbt).
In der Folge kann das Einzelunternehmen von den Erben in ungeteilter Erbengemeinschaft fortgeführt werden. Es wird dadurch jedoch nicht etwa automatisch in eine OHG oder eine GbR der Erbengemeinschaft umgewandelt (BGH 8.10.84, NJW 85, 136). Die bloße Fortführung des Unternehmens begründet in diesem Fall nicht, dass zwischen den Erben der Erbschaftsgemeinschaft konkludent einen Gesellschaftsvertrag zustande gekommen ist.
Für den Fall, dass zum Betriebsvermögen etwa Grundstücke gehören oder befinden sich unter den Miterben Minderjährige, bedürfte ein solcher Gesellschaftsvertrag ohnehin der notariellen Beurkundung.
2. Zerschlagung des Unternehmens bei ungeregelter Nachfolge
2.1 Zerschlagung durch Erbengemeinschaft
Das grundsätzliche Ziel einer jeden Erbengemeinschaft ist die abschließende Aufteilung des Erbes unter den Mitgliedern. Maßgebliche Grundlage hierfür ist der Umstand, dass Die gesetzliche Grundentscheidung, dass jede Erbengemeinschaft gemäß § 2042 BGB auf die Auseinandersetzung der Erbmasse gerichtet ist und daher bereits von Gesetz wegen nur von vorübergehender Dauer ist.
Auf dieser Grundlage kann jeder einzelne Erbe der Ebengemeinschaft jederzeit die Erbauseinandersetzung verlangen. Ist in diesem Fall kein frei verfügbares Vermögen vorhanden, weil der Nachlass im Wesentlichen nur aus dem Unternehmen besteht, muss in der Konsequenz das Unternehmen zerschlagen und verkauft werden.
Darüber hinaus bereitet in der Praxis oftmals der Grundsatz der Einstimmigkeit aller Erben bei unternehmensrelevanten Entscheidungen gemäß § 2040 Abs. 1 BGB wesentliche Probleme bei der Fortführung eines Unternehmens. Da eine Teilrechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft vorgesehen ist, kann das Unternehmen im Erbfall dann nur nach den Regelungen über die Erbengemeinschaft aus §§ 2038ff, 743 ff BGB fortgeführt werden. Widerstreitende Interessen innerhalb der Erbengemeinschaft können mithin zu unlösbaren Pattsituationen führen, die für die Weiterführung des Unternehmens schädlich sein können.
Organe, die für die Erbengemeinschaft handeln können, sieht das Gesetz nicht vor.
In der Praxis empfiehlt sich in dieser Situation, einem Dritten, der nicht Miterbe ist, eine im Handelsregister einzutragende Prokura zu verleihen. Hierdurch kann der Rechtsunsicherheit von Vertragspartnern vorgebeugt werden, da diese sonst bei Abschluss eines Vertrages zur Sicherheit die Zustimmung sämtlicher Erben einholen müssten.
2.2. Zerschlagung aufgrund von Pflichtteilsansprüchen
Wird von einem Pflichtteilsberechtigten ein Pflichtteilsanspruch geltend gemacht, so ist dieser gemäß §§ 2303ff. BGB sofort fällig. Dies kann zu einem hohen Liquiditätsverlust des Unternehmens führen, der schließlich zur Zerschlagung des Unternehmens und zu dessen Verkauf zwingen kann.
Pflichtteilsansprüche können von nicht bedachten Erben erhoben werden. Sie können Pflichtteilsansprüche aber auch dann entstehen, wenn etwa ein Erbe die Erbschaft ausschlägt und stattdessen den Pflichtteil verlangt (z.B. § 2305 BGB, Ehefrau in Zugewinngemeinschaft §§1371 Abs. 3, 2306 Abs. 1 S. 2 BGB). Auch, wenn eine Schenkung innerhalb der letzten zehn Jahren vor dem Tod des Erblassers den Nachlass verringert hat, können Pflichtteilsansprüche geltend gemacht oder erhöht werden (§2325 BGB).
Um diesen Problemen vorzubeugen, empfiehlt sich gegebenenfalls eine Erbverzichtserklärung oder ein isolierter Pflichtteilsverzicht.
2.3 Keine Weiterführung wegen mangelnder Qualifikation
Bei dem Erbe von Handwerksbetrieben ist besonders zu beachten, dass gemäß Handwerksordnung ein Handwerksbetrieb nach dem Tode des Handwerksmeisters ausschließlich durch dessen Ehegatte, das erbberechtigte Kind bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, den Testamentsvollstrecker, einen Nachlasspfleger, Nachlassverwalter oder Nachlassinsolvenzverwalter fortgeführt werden darf. Ein Jahr nach dem Todeszeitpunkt des Erblassers ist die Fortführung eines Handwerksbetriebes nur möglich, wenn das Unternehmen durch einen Handwerker geleitet wird, der den Eintragungsvoraussetzungen der Handwerksrolle genügt.
Erblasser von Handwerksbetrieben sollten dies im Vorfeld entsprechend testamentarisch regeln. Soll der Handwerksbetrieb im Erbfall fortgeführt werden so empfiehlt sich, frühzeitig seinen Nachfolger zur Erfüllung der Voraussetzungen anzuhalten. Alternativ kann ersatzweise ein entsprechender Nachlassverwalter, -pfleger oder Testamentsvollstrecker zur Fortführung bestimmt werden.
3. Erhalt des Unternehmens durch testamentarische Regelung
Um eine Zerschlagung des Unternehmens im Erbfall zu vermeiden, muss der Erblasser frühzeitig testamentarisch einen Nachfolger für sein Unternehmen bestimmen und/oder die Gründung einer Personen- oder Kapitalgesellschaft anordnen.
In seinem Testament sollte der Unternehmer dann bereits den Inhalt des Gesellschaftsvertrages vorbestimmen.
3.1 Einrichtung einer Personengesellschaft
Richtet der Erblasser eine Personengesellschaft ein sollte er die nachfolgenden Punkte festlegen:
- Von den Erben zu wählende Rechtsform (z.B. GmbH & Co KG),
- Unkündbarkeit der Gesellschaft für eine bestimmte Dauer,
- Geschäftsführung und Vertretung,
- Kompetenzbereich des Testamentsvollstreckers,
- Gewinn- und Verlustverteilung,
- Verwendung des Gewinns,
- Folgen der Kündigung oder des Todes eines Gesellschafters,
- Name der Gesellschaft,
- Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters.
3.2 Einrichtung einer Kapitalgesellschaft
Entschließt sich der Erblasser, dass im Erbfall eine Kapitalgesellschaft gegründet werden soll, sind darüber hinaus folgende Punkte testamentarisch zu regeln:
- Beteiligungsverhältnisse der Erben,
- Erforderlichkeit einer Dreiviertel-Mehrheit der Gesellschafterversammlung zur Zustimmung wichtiger Entscheidungen (z.B. zur Übertragung eines Geschäftsanteils an eine Person, die nicht der Familie angehört),
- Folgen bei Tod eines Gesellschafters,
- Veräußerungsmöglichkeiten der Geschäftsanteile.
3.3 Haftungsrechtliche Regelungen – Vermeiden von Haftungsverdopplung
Schulden, die nach dem Erbfall aus der Fortsetzung des Unternehmens entstehen, sind Nachlassschulden, wenn die Fortführung des Betriebes zur Nachlassverwaltung gehört.
Für diese Nachlassschulden haftet zunächst das Nachlassvermögen. Darüber hinaus haften jedoch auch die Erben, und zwar persönlich und unbeschränkt für alle Verbindlichkeiten, die das Unternehmen im Rahmen der Betriebsfortführung eingeht. Schließlich müssen Erben unter den Voraussetzungen der §§ 27, 25 HGB gegebenenfalls auch aus handelsrechtlichen Gesichtspunkten haften.
3.3.1 Erbenhaftung
Der Erblasser sollte im Vorfeld die persönliche unbeschränkte Haftung der Erben ausdrücklich durch Vereinbarung mit dem Gläubiger ausschließen. Zwar hat der BGH auch eine konkludente Haftungsbeschränkung bereits angenommen, wenn die Erben der Firma des Erblassers auftreten, (BGH BB 68, S. 769, 770), jedoch ohne klar zu erkennen, ob bereits das alleinige Auftreten unter der Firma des Erblassers als Haftungsbeschränkung ausreicht.
3.3.2 Handelsrechtliche Haftung
Die handelsrechtliche Haftung kann gemäß § 25 Abs. 2 HGB ausschließbar, wenn der Erblasser eine entsprechende Haftungsbeschränkung in das Handelsregister hat eintragen lassen und oder wenn eine solche vom Erwerber oder Veräußerer dem Gläubiger mitgeteilt worden ist.
Eine Haftungsbeschränkung kann sich zudem aus § 27 Abs. 2 HGB ergeben. Hiernach haften die Erben lediglich erbrechtlich nach den §§1922, 1942 ff, 1967 ff ff. BGB, beschränkbar auf den Nachlass (§§ 1973, 1975 ff. BGB), wenn die Erben die Fortführung des Betriebes vor Ablauf von drei Monaten nach dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung von dem Anfalle der Erbschaft einstellen. Die Frist beginnt mit der Kenntnis der Erben vom Erbfall.
Entsprechende Vorkehrungen zur Beschränkung der Haftung durch die Erben sollten vom Erblasser in weiser Voraussicht getroffen werden.
4. Weiterführung des Unternehmens durch den Testamentsvollstrecker
Wird ein einzelkaufmännisches Unternehmen vererbt, so ist zusätzlich zur Verwaltungsvollstreckung eine so genannte „Ersatzlösung“ anzuordnen (dazu BGH 10.01.96, DStR 96, 929). Ersatzlösung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eine Konstruktion geschaffen wird, die einerseits der Testamentsvollstreckung und andererseits dem Verkehrsschutzinteresse des Handelsrechts gerecht wird.
Die Einrichtung einer solchen Ersatzlösung bei einem Einzelunternehmen ist erforderlich, da sonst die beschränkte Haftung der Erben mit der unbeschränkten handelsrechtlichen Haftung des Einzelunternehmens kollidieren würde. Das Ergebnis wäre in diesem ein einzelkaufmännisches Unternehmen mit beschränkter Haftung. Dies ist jedoch wegen des Grundsatzes, dass Handels- und Gesellschaftsrecht dem Erbrecht vorgeht grundsätzlich nicht zulässig (Artikel 2 EGHGB).
Zur Vermeidung dieses Ergebnisses sollte der Erblasser
die Erben testamentarisch oder erbvertraglich zu verpflichten, das Unternehmen in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umzuwandeln. An dieser ist sodann die Testamentsvollstreckung möglich.
Dieser Artikel wird regelmäßig auf Aktualität geprüft.
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