Wie erben Stiefkinder (und wie nicht)?

Das Modell der Patchwork-Familie, in der Ehepartner sowohl mit den eigenen Kindern als auch mit den Kindern des (neuen) Partners, den Stiefkindern, unter einem Dach leben, ist in unserer Gesellschaft weit verbreitet und zur Normalität geworden.

Im alltäglichen Zusammenleben spielen die Verwandtschaftsverhältnisse dabei keine Rolle. Das ändert sich dramatisch, wenn ein Erbfall eintritt. Denn in Patchwork-Familien gelten für leibliche Kinder und Stiefkinder völlig unterschiedliche Erbregelungen.

I. Wo liegen die Unterschiede?

1. kein gesetzliches Erbe

Im Erbrecht werden Stiefkinder nicht mit leiblichen Abkömmlingen gleichgesetzt. Sie zählen im Gegenteil anders als leibliche Kinder nicht zu den gesetzlichen Erben, weil sie nicht mit dem Erblasser verwandt sind.

Hat etwa der Stiefvater keine letztwillige Verfügung – ein Testament oder einen Erbvertrag – hinterlassen, gilt grundsätzlich, dass im Erbfall die Stiefkinder nichts vom Erbe erhalten, da sie keine leiblichen Kinder des Erblassers sind und nach dem gesetzlichen Erbrecht somit auch nicht erbberechtigt sind.

2. keine Pflichtteilsansprüche

Da Stiefkinder nicht mit dem Stiefelternteil verwandt sind, sind sie nicht als gesetzliche Erben erbberechtigt. Konsequenterweise können Stiefkinder daher noch nicht ein­mal den Pflichtteil des Nachlasses in Anspruch nehmen, den leibliche Kin­der beanspruchen können.

Sowohl das gesetzliche Erbrecht als auch der Anspruch auf Pflichtteils(-ergänzungs)ansprüche fällt allein den leiblichen Kindern zu. Stiefkinder gehen von Gesetzes wegen mithin leer aus.

II. Können Stiefkinder dennoch Erben werden?

Der Erblasser kann sein Erbe auch so regeln, dass auch Stiefkinder als Erben bedacht werden. Hierzu muss er aber in jedem Fall aktiv werden.

1. Adoption

Eine Möglichkeit besteht darin, das Stiefkind zu adoptieren. Durch die Adoption wird das Stiefkind zum gesetzlichen Erben des Stiefelternteils, das damit von Ge­setzes wegen im Erbfall gleich behandelt wird, wie leibliche Kinder.

2. Testament oder Erbvertrag

Ist eine Adoption nicht möglich ist oder vom Erblasser nicht gewollt, hat er dennoch die Möglichkeit, im Rahmen eines Testaments oder eines Erbvertrages die gesetzliche Erbfolge ausschließen und seinen eigenen Willen niederzulegen.

Es muss jedoch dabei beachtet werden, ob in der Vergangenheit nicht bereits ein Testament oder Erbvertrag aufgesetzt wurde, das eine neue Verfügung von Todes wegen unwirksam machen könnte.

Existiert bereits ein älteres Testament oder ein älterer Erbvertrag, sollte dieses Dokument so abgeändert werden, dass es der neuen Verfügung inhaltlich nicht widerspricht. Darüber hinaus spielt bei der Errichtung einer letztwilligen Verfügung die Frage eine Rolle, wo der finanzielle Schwerpunkt der Verfügung liegen soll. Es geht also um die Frage, wer was und wie viel erben soll.

III. Testament für Stiefkinder – die Vor- und Nachteile

Grundsätzlich haben Ehepartner die Möglichkeit, ihren Nachlass in Einzeltestamenten, in einem gemeinschaftlichen Tes­tament oder in einem Erbvertrag regeln.

1. Berliner Testament

Abzuraten ist hierbei zunächst von einem so genannten „Berliner Testament“, in dem sich die Ehegatten gegen­seitig als Alleinerben einsetzen und bestimmen, wie das Erbe später an die Kinder weiterge­geben werden soll. Diese Regelung hat nämlich den Nachteil, dass der überlebende Ehegatte sich im Erbfall nicht mehr daran hält und bereits zu Lebzeiten das Erbe an seine leiblichen Kinder weitergibt. Dies ist zwar nicht rechtmäßig, eine Rückabwicklung zugunsten der Stiefkinder ist aber im Nachhinein sehr schwierig möglich. Oftmals scheitern Erbansprüche hier bereits an der Beweisbarkeit.

Entscheiden sich die Eltern dennoch, sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen, hat das zur Folge, dass sie damit gleichzeitig ihre Kinder für den so genannten „ersten Erbfall“ enterben. Die Kinder wären dann gegenüber dem überlebenden Ehepartner pflichtteilsberechtigt.

Um dies zu vermeiden, bietet sich an, mit ihnen einen Pflichtteilsverzicht zu vereinbaren, damit der überle­bende Ehegatte sorglos das Erbe antreten kann. Überlegenswert ist in diesem Fall den Kindern, die ohnehin als Schlusserben bedacht werden sollen, vorab einen kleinen Teil des Erbes oder ein Vermächtnis zukommen lässt.

2. Einzeltestamente

Insoweit bieten auch Einzeltestamente keine Sicherheit für die Stiefkinder, da es jedem Elternteil in diesem Fall freistünde, seinen letzten Willen zu ändern, ohne den anderen Elternteil hiervon zu informieren.

Alternativ zu diesen Testamentsformen ist es auch möglich, die Kinder als alleinige Erben einzusetzen und dem überlebenden Ehepart­ner zu seinen Gunsten ein Vermächtnis zuzusprechen, das ihm beispielsweise ein lebenslanges Wohnrecht an einer Immobilie oder ein Nießbrauch am Erbe einräumt.

3. Erbvertrag

Um sicher zu gehen, daß Stiefkinder einen Teil des Erbes erhalten oder gleichberechtigt mit den leiblichen Kindern erben, empfiehlt es sich daher, statt eines Testaments einen Erbvertrag aufzuset­zen. Ein Erbvertrag muss notariell beurkundet werde. Er kann somit später nicht mehr einseitig geändert werden.

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