1. Einleitung: Schutz vor Diskriminierung im Berufsleben
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist ein zentrales Gesetz im deutschen Arbeitsrecht, das Diskriminierung am Arbeitsplatz verhindern soll. Es betrifft nahezu alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer. In der Praxis entstehen häufig Konflikte, wenn sich Beschäftigte aufgrund ihres Geschlechts, Alters, ihrer Herkunft oder Religion benachteiligt fühlen.
Gerade bei Einstellungen, Beförderungen oder Kündigungen spielt das AGG eine große Rolle – und kann erhebliche rechtliche Folgen für Arbeitgeber haben.
2. Ziel und Inhalt des AGG
Das AGG trat am 18. August 2006 in Kraft. Es setzt vier EU-Richtlinien in deutsches Recht um und verfolgt den Zweck, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen (§ 1 AGG).
2.1. Anwendungsbereich
Das Gesetz gilt für:
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Arbeitnehmer, Auszubildende und Bewerber (§ 6 AGG),
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Arbeitgeber (§ 7 AGG),
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sowie Personen, deren Arbeitsverhältnis bereits beendet ist.
 
Es betrifft alle Phasen des Arbeitsverhältnisses:
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Begründung (z. B. diskriminierende Stellenanzeige),
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Durchführung (z. B. ungleiche Bezahlung),
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Beendigung (z. B. Kündigung wegen Alter oder Geschlecht).
 
2.2. Grundsätzliche Verbote
Nach § 7 Abs. 1 AGG ist jede Benachteiligung wegen der genannten Merkmale verboten. Das gilt sowohl für unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen:
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Unmittelbare Benachteiligung: Eine Person wird schlechter behandelt als eine andere in vergleichbarer Situation (z. B. keine Einladung zum Vorstellungsgespräch wegen Kopftuch).
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Mittelbare Benachteiligung: Eine scheinbar neutrale Regelung wirkt faktisch benachteiligend (z. B. Anforderung „fließendes Deutsch“ bei Tätigkeiten, wo es nicht erforderlich ist).
 
3. Beweislast und Rechtsfolgen
3.1. Beweislastumkehr (§ 22 AGG)
Erhebt ein Arbeitnehmer den Vorwurf der Diskriminierung, genügt es, Indizien vorzutragen, die eine Benachteiligung vermuten lassen. Dann trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen das AGG vorlag.
Beispiel: Eine abgelehnte Bewerberin legt E-Mails vor, die diskriminierende Formulierungen enthalten.
3.2. Ansprüche nach dem AGG
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Schadensersatz (§ 15 Abs. 1 AGG): Ersatz des materiellen Schadens (z. B. Verdienstausfall).
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Entschädigung (§ 15 Abs. 2 AGG): Geldentschädigung für immaterielle Schäden, insbesondere bei Diskriminierung im Bewerbungsverfahren.
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Beschwerderecht (§ 13 AGG): Beschäftigte können sich an eine betriebliche Beschwerdestelle wenden.
 
3.3. Ausschlussfrist
Ansprüche müssen innerhalb von zwei Monaten nach Kenntnis der Benachteiligung geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 4 AGG). Diese Frist ist zwingend – verspätete Ansprüche sind ausgeschlossen.
4. Wichtige Entscheidungen zum AGG
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BAG, Urteil vom 19.12.2013 – 8 AZR 838/12:
Eine abgelehnte Bewerberin erhielt eine Entschädigung, weil in der Stellenausschreibung das Wort „junges Team“ verwendet wurde – dies stellt eine Benachteiligung wegen Alters dar. - 
BAG, Urteil vom 22.01.2009 – 8 AZR 906/07:
1. Ein Anspruch des Arbeitnehmers nach § 15 Abs. 2 AGG gegen den Arbeitgeber auf Entschädigung wegen eines Nichtvermögensschadens aufgrund eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot setzt kein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers voraus.
2. Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist nicht, dass der Arbeitnehmer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden ist. Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot ist grundsätzlich das Entstehen eines immateriellen Schadens beim Arbeitnehmer anzunehmen, welcher zu einem Entschädigungsanspruch führt.
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EuGH, Urteil vom 19.04.2012 – C-415/10:
Der Europäische Gerichtshof stellte klar, dass ein abgelehnter Bewerber keinen Anspruch auf Einsicht in Bewerbungsunterlagen anderer Kandidaten hat, aber Indizien für Diskriminierung genügen können. 
5. Praxisbeispiel
Eine 52-jährige Bewerberin bewirbt sich auf eine Stelle als Teamleiterin. Die Stellenausschreibung fordert ein „junges, dynamisches Teammitglied“. Nach Absage erhält sie den Hinweis, man habe sich „für jemanden entschieden, der besser ins Team passt“.
Die Bewerberin klagt und erhält eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern (§ 15 Abs. 2 AGG).
👉 Lerneffekt für Arbeitgeber: Schon die Formulierung einer Stellenausschreibung kann diskriminierend sein.
6. Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Für Arbeitgeber
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Verwenden Sie neutrale Formulierungen in Stellenausschreibungen („m/w/d“).
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Dokumentieren Sie objektive Auswahlkriterien.
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Schulen Sie Führungskräfte zum Thema AGG.
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Richten Sie eine Beschwerdestelle nach § 13 AGG ein.
 
Für Arbeitnehmer
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Prüfen Sie, ob eine Benachteiligung nachweisbar ist (z. B. E-Mails, Zeugen, Gesprächsnotizen).
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Machen Sie Ansprüche schriftlich und fristgerecht geltend (§ 15 Abs. 4 AGG).
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Holen Sie frühzeitig anwaltlichen Rat ein, um die Erfolgsaussichten einer Klage zu prüfen.
 
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