Arbeitsrecht: Lohnfortzahlung und Verdienstausfall-Entschädigung in Zeiten von Corona

Muss ein Arbeitgeber einem am Covid-19 Virus erkrankten Arbeitnehmer weiterhin Lohn zahlen? Wie verhält es sich mit dem Lohnanspruch des Arbeitnehmers, wenn die zuständige Behörde ein Tätigkeitsverbot ausspricht? Der folgende Artikel erfasst die wesentlichen Fragen der Lohnfortzahlung und Verdienstausfall-Entschädigung in Zeiten von Corona.

1. Lohnfortzahlung bei Erkrankung

Hat sich ein Arbeitnehmer mit dem Covid-19 Virus infiziert, führt dies in der Regel dazu, dass er im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EntgeltFG) arbeitsunfähig wird.

Dies hat zur Folge, dass seine Arbeitspflicht gemäß § 275 Abs. 1 BGB entfällt. Er muss also nicht mehr zur Arbeit kommen. 

Sein Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Zahlung seines Arbeitsentgelts besteht jedoch gemäß § 3 Abs. 1 EntgeltFG fort. 

Der Arbeitnehmer erhält also im Krankheitsfall weiterhin seinen Lohn.

Dieser Anspruch ist grundsätzlich auf einen Zeitraum von sechs Wochen begrenzt. Ist der Arbeitnehmer hiernach noch immer arbeitsunfähig krank, erhält er von seiner Krankenkasse Krankengeld entsprechend den Bestimmungen der gesetzlichen Krankenkassen.

Gleiches wird auch gelten müssen, wenn der Arbeitnehmer zwar medizinisch nicht mehr arbeitsunfähig ist, wegen eines aber noch bestehenden Infektionsrisikos nicht zur Arbeit gehen kann oder darf.

Aber Vorsicht: 

Hat sich der Arbeitnehmer durch eigenes Verschulden infiziert, entfällt sein Entgeltfortzahlungsanspruch, § 3 Abs. 1 EntgeltFG.

Wann den Arbeitnehmer ein Verschulden trifft, wird immer im Einzelfall festzustellen sein.

Soweit Arbeitgeber am Umlageverfahren teilnehmen (Umlage U1), erhalten sie einen Teil der von ihnen in den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit an den Arbeitnehmer geleisteten Zahlungen ersetzt.

2. Lohnfortzahlung bei beruflichem Tätigkeitsverbot

Hat die zuständige Behörde gegen einen Arbeitnehmer ein berufliches Tätigkeitsverbot gemäß § 31 Infektionsschutzgesetz (IfSG) angeordnet, wird teilweise die Auffassung vertreten, dass in diesem Fall kein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 Abs. 1 EntgeltFG bestehe. Die Erkrankung sei in diesem Fall nicht alleine ursächlich für den Ausfall der Arbeitsleistung. 

Folgt man dieser Auffassung, so ergibt sich für den Arbeitnehmer ein Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG. Dieser Anspruch besteht in Höhe seines Verdienstausfalles.

Im Ergebnis muss der Arbeitnehmer mithin im Falle eines beruflichen Tätigkeitsverbotes keine Gehaltseinbußen befürchten. 

Soweit ein Arbeitnehmer neben seinem Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG parallel auch einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld nach §§ 95 ff SGB III hat, geht der Entschädigungsanspruch vor. 

3. Lohnfortzahlung, wenn der Arbeitnehmer aus Angst vor Ansteckungsgefahr vom Arbeitsplatz fernbleibt

Bleibt ein Arbeitnehmer vom Arbeitsplatz fern, weil er befürchtet, sich dort zu infizieren, riskiert er, dass der Arbeitgeber ihm für dieses Verhalten eine Abmahnung erteilt und ihm in letzter Konsequenz das Arbeitsverhältnis kündigt.  

Auch steht ihm grundsätzlich kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem EntgeltFG (Entgeltfortzahlungsgesetz) zu, da dieser Anspruch voraussetzt, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist.

Weiterhin kann sich der Arbeitnehmer auch nicht darauf berufen, dass die Anreise zum Arbeitsplatz – etwa wegen der notwendigen Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel – zu risikoreich sei. Vielmehr fällt das so genannte Wegerisiko in die Risikosphäre des Arbeitnehmers, so dass auch ein Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers aus §§ 611a, 615 Satz 1 BGB nicht besteht.

Andererseits ist der Arbeitgeber verpflichtet, seine Arbeitnehmer vor gesundheitlichen Schäden zu schützen, § 618 BGB.  Er muss etwa gewährleisten, dass am Arbeitsplatz ausreichende Mittel zur Einhaltung hygienischer Vorschriften vorhanden sind. Arbeitnehmer müssen sich beispielsweise im Unternehmen die Hände waschen können. Ist dies nicht möglich, kann der Arbeitgeber ersatzweise Desinfektionsmittelspender aufstellen.

Darüber hinaus hat der Arbeitgeber im Hinblick auf die Covid-19-Epidemie dafür zu sorgen, dass der erforderliche Mindestabstand zwischen Personen am Arbeitsplatz eingehalten werden kann. Kann dieser Mindestabstand nicht eingehalten werden und ist daher das Tragen eines Mund-/Nasenschutzes notwendig, muss der Arbeitgeber diesen Schutz zur Verfügung stellen. Bringen die Arbeitnehmer selbst Mund-/Nasenschutzmasken mit zum Arbeitsplatz, ist der Arbeitgeber verpflichtet zu überprüfen, ob diese für den beabsichtigten Zweck geeignet sind. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber auch für die Reinigung von mehrfach verwendbaren Schutzmasken sorgen. 

Soweit der Arbeitgeber darüber hinaus weitere behördliche Maßnahmen auferlegt bekommt, muss er diese zum Schutz der Arbeitnehmer umsetzen.

Tut er diese nicht oder verletzt er seine Pflicht zum Schutz der Gesundheit seiner Arbeitnehmer, können Arbeitnehmer hieraus ein Recht zum Fernbleiben vom Arbeitsplatz ableiten, da in diesen Fällen das Risiko des Arbeitsausfalls in der Risikosphäre des Arbeitgebers liegt. 

Der Arbeitgeber ist dann verpflichtet, dem Arbeitnehmer weiterhin Lohn zu zahlen. 

4. Lohnfortzahlung bei behördlich angeordneter Quarantäne

In Fällen behördlich angeordneter Quarantäne ist ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung nach dem EntgeltFG ausgeschlossen, da er ist nicht arbeitsunfähig erkrankt ist. 

Allerdings kommen in diesem Fall gegenüber der öffentlichen Hand und gegenüber dem Arbeitgeber Ansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Betracht. Der Arbeitgeber ist insoweit hinsichtlich des Arbeitsentgelts in der Regel bis zu einer Gesamtdauer von sechs Wochen vorleistungspflichtig. 

Er hat dann die Möglichkeit, unter den Voraussetzungen des § 56 IfSG einen Erstattungsanspruch gegenüber der zuständigen Behörde geltend zu machen.

In diesem Zusammenhang stellen sich einige Behörden jedoch auf den Standpunkt, dass Arbeitgeber für die Zeit einer Quarantäne im Sinne des IfSG zumindest zeitweise allein verantwortlich seien, wenn sie Ansprüche der Arbeitnehmer aus § 616 BGB nicht arbeitsvertraglich ausgeschlossen hätten. Hier bleibt die zukünftige Rechtsprechung abzuwarten.

5. Lohnfortzahlung bei Betriebsschließung durch die Bundesländer

Soweit ein Bundesland Maßnahmen beschließt, die die Schließung von Betrieben beinhalten (etwa die Schließung von Gaststätten oder Einzelhandelsgeschäften), liegt diese Betriebsschließung regelmäßig in der Risikosphäre des Arbeitgebers. Im Ergebnis hat der Arbeitnehmer daher einen ungekürzten Vergütungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber aus §§ 611a, 615 S. 1 BGB.

Es ist jedoch derzeit bereits umstritten, ob Betriebsschließungen aufgrund von Maßnahmen eines Bundeslandes überhaupt rechtswirksam sind. Die bisher gefällten gerichtlichen Entscheidungen sprechen zwar dafür, sind aber sämtlich in Eilverfahren entschieden worden, die eine vertiefte rechtliche Prüfung nicht vorsehen. Insoweit bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung sich in diesem Bereich entwickeln wird.

Sofern eine Betriebsschließung rechtswirksam bleibt, kommt gegebenenfalls ein Entschädigungsanspruch in analoger Anwendung des § 56 IfSG in Betracht.

6. Lohnfortzahlung bei Betriebsaussperrung durch den Arbeitgeber

Die Verweigerung des Zugangs zum Arbeitsplatz ist problematisch, wenn der Arbeitgeber den in der Quarantänezeit fälligen Arbeitslohn nicht zahlen will.

Aus arbeitsrechtlicher Sicht bietet der Arbeitnehmer in dieser Situation nämlich seine Arbeitskraft an. Der Arbeitgeber lehnt dieses Angebot mit der Zugangsverweigerung jedoch ab. 

Der Arbeitgeber wird daher in der Regel verpflichtet sein, Arbeitnehmer während der eigens verhängten Quarantänezeit ihren Arbeitslohn wie gewohnt fortzuzahlen. Die Zahlungsverpflichtung ergibt sich aus §§ 611, 615 S.1 und S.3 BGB. 

Soweit möglich, bietet sich in diesem Fall die Beschäftigung des Arbeitnehmers im Home-Office an.  Darüber hinaus können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch auf Urlaub und Überstundenabbau einigen. Unter Umständen kann der Arbeitgeber einen Überstundenabbau sogar ohne Zustimmung des Arbeitnehmers anordnen oder den Lohnanspruch durch Ausbezahlung von in der Vergangenheit durch den Arbeitnehmer geleisteten Überstunden kompensieren. 

Schließlich ist auch eine Vereinbarung über unbezahlten Urlaub denkbar. Dies kann jedoch für den Arbeitnehmer zu erheblichen Nachteilen führen, etwa dem Verlust seines Krankenversicherungsschutzes.

7. Lohnfortzahlung bei Kita- oder Schulschließung oder bei Erkrankung des Kindes

Der Umstand, dass Kindergärten, Kindertagesstätten oder Schulden aufgrund von Corona geschlossen werden und der Arbeitnehmer deshalb niemanden mehr hat, der sein Kind betreut, liegt grundsätzlich in der Risikosphäre des Arbeitnehmers. Bleibt der Arbeitnehmer in diesem Fall zu Hause, um sich um sein Kind zu kümmern, steht ihm ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt unter diesen Umständen daher in aller Regel nicht zu. Ein entsprechender Anspruch wird auch nicht auf § 616 BGB zu stützen sein.

Der Arbeitgeber kann unter diesen Umständen allenfalls verpflichtet sein, dem Arbeitnehmer auf Antrag Urlaub für die Betreuung seines Kindes zu gewähren.

Auf Grundlage des neu geschaffenen § 56 Abs. 1a IfSG erhalten Arbeitgeber jedoch einen Entschädigungsanspruch für Verdienstausfall, wenn Kindergärten, Kitas oder Schulen von der zuständigen Behörde zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten vorübergehend geschlossen werden und der sorgeberechtigte Arbeitnehmer, dessen Kind(er) das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder behindert und auf Hilfe angewiesen sind, in diesem Zeitraum die Kinder selbst betreuen muss, weil er keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit sicherstellen kann. 

Der Arbeitnehmer muss in diesem Fall gegenüber der zuständigen Behörde, auf Verlangen des Arbeitgebers auch diesem gegenüber, darlegen, dass sie in diesem Zeitraum keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherstellen kann. 

Gemäß § 56 Abs. 2 IfSG liegt die Höhe der Entschädigung bei 67 Prozent des dem sorgeberechtigten Arbeitnehmer entstandenen Verdienstausfalls für längstens sechs Wochen gewährt; für einen vollen Monat wird höchstens ein Betrag von 2.016 Euro gewährt.

Mittlerweile wurde der Anspruch auf 10 Wochen bzw. 20 Wochen (bei zwei Erziehungsberechtigten) erweitert.

Die Regelung wurde zudem flexibilisiert, indem die Inanspruchnahme auch tagesweise erfolgen kann.

Nach § 56 Abs. 5 IfSG ist die Entschädigung durch den Arbeitgeber auszuzahlen.