Arbeitnehmer oder nicht? Darauf kommt es an!

Am 10. Dezember 2024 hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG) ein richtungsweisendes Urteil zur Frage gefällt, ob sogenannte „Crowdworker“ oder Dozenten als Arbeitnehmer einzustufen sind (Az. 2 Ta 5/24). Das Urteil beleuchtet die Abgrenzung zwischen freiberuflicher Tätigkeit und einem Arbeitsverhältnis – eine Frage, die vor allem in Zeiten flexibler Arbeitsmodelle von großer Bedeutung ist.

1. Der Fall: Kein Arbeitsverhältnis einer Dozentin

Im konkreten Fall entschied das Gericht, dass die Tätigkeit der Klägerin, einer Dozentin an einer privaten Heilpraktikerschule, als freiberuflich einzustufen ist. Das Gericht stellte fest, dass keine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit bestand, wie sie für ein Arbeitsverhältnis typisch ist.

2. Die Entscheidungsgründe:

  1. Organisatorische Eigenverantwortung: Die Dozentin konnte selbst entscheiden, ob und welche Lehraufträge sie annimmt. Diese Entscheidungsfreiheit widerspricht der Direktionsgewalt, die ein wesentliches Merkmal eines Arbeitsverhältnisses ist.
  2. Fehlende Weisungsgebundenheit: Zwar gab es inhaltliche Vorgaben zu Unterrichtsthemen und Rahmenbedingungen, doch reichten diese nicht aus, um eine weisungsgebundene Tätigkeit zu begründen. Die Dozentin konnte Methodik und Didaktik eigenständig gestalten.
  3. Kein wirtschaftlicher Zwang: Anders als in vergleichbaren Fällen zu Crowdworkern bestand für die Dozentin kein wirtschaftlicher Druck, weitere Aufträge anzunehmen. Die Aufträge wurden über eine Plattform angeboten, und es lag allein bei der Dozentin, ob sie diese annimmt oder nicht.

Der Senat betonte zudem, dass die sozialrechtliche Einstufung des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien für die Einordnung ohne Relevanz sei. Selbst wenn die Tätigkeit sozialversicherungspflichtig wäre, würde sich daraus nicht automatisch die Annahme eines Arbeitsverhältnisses ergeben. Das Gericht verwies den Rechtsstreit daher an das Landgericht Koblenz, da dieses für die vorliegend bürgerlich-rechtliche Streitigkeit zuständig sei.

3. Praxistipps zur Vermeidung von Scheinselbstständigkeit

Um Konflikte über den Status externer Kräfte zu vermeiden, sollten Unternehmen und Auftraggeber auf folgende Punkte achten:

  1. Klar formulierte Verträge: Stellen Sie sicher, dass Verträge klar regeln, dass externe Kräfte eigenständig über die Annahme von Aufträgen entscheiden können und nicht weisungsgebunden sind. Diese Regelungen müssen in der Praxis auch eingehalten werden.
  2. Dokumentation der Abläufe: Dokumentieren Sie, dass externe Kräfte inhaltlich und methodisch eigenständig arbeiten. Diese Nachweise sind im Streitfall von großer Bedeutung.
  3. Vermeidung von Anreizsystemen oder wirtschaftlichem Druck: Verzichten Sie auf Vorgaben oder Anreizsysteme, die einen wirtschaftlichen Druck auf externe Kräfte ausüben könnten. Solche Strukturen könnten darauf hindeuten, dass ein Arbeitsverhältnis vorliegt.

4. Fazit

Das Urteil des LAG zeigt, dass die Abgrenzung zwischen Arbeitsverhältnis und freiberuflicher Tätigkeit von der tatsächlichen Ausgestaltung abhängt. Unternehmen sollten die vertraglichen und praktischen Rahmenbedingungen sorgfältig gestalten und dokumentieren, um rechtliche Konflikte zu vermeiden. Nur so lässt sich sicherstellen, dass externe Kräfte rechtssicher freiberuflich tätig sein können.  

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