Die Abmahnung im Arbeitsrecht

1. Was ist eine Abmahnung?

Aus dem Anstellungsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer entstehen Rechte und Pflichten. Wenn eine Vertragspartei die Rechte der anderen verletzt oder den eigenen Pflichten nicht nachkommt, hat die andere Seite die Möglichkeit, dieses Verhalten zu rügen.

Nicht jede Rüge stellt dabei eine Abmahnung dar. Eine solche liegt erst vor, wenn sie mit der Androhung einer Kündigung verbunden wird. Fehlt es hingegen an dieser so liegt lediglich eine Belehrung, Vorhaltung, Ermahnung, Verwarnung oder Beanstandung vor. Ihre rechtliche Bedeutung ist eher minimal.

Gesetzlich ist die Abmahnung nur in § 314 Abs. 2 BGB geregelt. Dieser lautet:

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

Darüber hinaus beruht das Abmahnungsrecht fast vollständig auf Entscheidungen der Arbeitsgerichte (so genanntes „Richterrecht“).

2. Welche Voraussetzungen hat eine Abmahnung?

Eine Abmahnung muss grundsätzlich drei wesentliche Punkte enthalten:

  1. die genaue Beschreibung des beanstandeten Verhaltens;
  2. die Aufforderung, das beanstandete Verhalten in der Zukunft zu ändern;
  3. die Androhung von Rechtsfolgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses.

Eine Schriftform ist für die Abmahnung nicht vorgeschrieben. Sie kann daher auch mündlich erklärt werden.

Allerdings gibt es Ausnahmen in Tarifverträgen.

3. Welche Gründe können eine Abmahnung rechtfertigen?

Abmahnungen dürfen immer dann ausgesprochen werden, wenn ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten vorliegt. Hierzu gehört zunächst die Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung als solche. Darüber hinaus gehören aber auch so genannte Nebenpflichten dazu, etwa die Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers.


Beispiele für häufige Abmahnungsgründe sind:

  1. Abmahnung wegen Fehlern bei der Arbeit (sog. Schlecht- oder Minderleistung)
  2. Abmahnung wegen Zuspätkommens
  3. Abmahnung wegen Arbeits-Bummelei
  4. Abmahnung wegen verspäteter oder fehlender Anzeige einer Krankheit
  5. Abmahnung bei Arbeitsverweigerung oder dem Nichtbefolgen von Weisungen.

4. Wer darf eine Abmahnung aussprechen?

Die weitaus meisten Abmahnungen werden vom Arbeitgeber ausgesprochen. Auf Arbeitgeberseite ist neben dem Arbeitgeber selbst jede Person berechtigt, die dem betroffenen Arbeitnehmer verbindliche Weisungen erteilen kann – etwa der Fachvorgesetzte, Abteilungsleiter oder Betriebsleiter , sowie sonstige zur Abmahnung bevollmächtigte Personen.

Das Recht zur Abmahnung steht aber auch dem Arbeitnehmer zu, etwa, wenn der Arbeitgeber das Gehalt nicht pünktlich zahlt. Von diesem Recht wird jedoch nur sehr selten Gebrauch gemacht.

5. Wie kann ich reagieren, wenn ich eine Abmahnung erhalten habe?

Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben und der Meinung sind, dass sie falsch ist, sollten Sie folgende Schritte beherzigen:

  1. Geben Sie zunächst keine Erklärungen ab (weder schriftlich noch mündlich) und erkennen Sie die Abmahnung nicht an.
  • Vermeiden Sie spontane Rechtfertigungen im Gespräch mit dem Arbeitgeber.
  • Geben Sie keine übereilte schriftliche Stellungnahme ab.
  • Ermitteln Sie den Wahrheitsgehalt der Vorwürfe. Sollten sie sich als richtig erweisen, könnte später eine Entschuldigung notwendig und sinnvoll sein.
  • Dokumentieren Sie zeitnah nach Erhalt der Abmahnung den streitgegenständlichen Sachverhalt. Dies ist wichtig, um Beweismittel zu sichern, die ansonsten später vergessen werden könnten. Es ist sinnvoll, schriftliche Unterlagen oder E-Mails, die im Zusammenhang mit der Abmahnung stehen, aufzubewahren. Auch kann ein Gespräch über die Abmahnung mit Kolleginnen und Kollegen sinnvoll sein, wenn diese später als Zeugen in Frage kommen können.
  • Lassen Sie die Abmahnung durch einen Rechtsanwalt prüfen. Erst mit ihm gemeinsam sollten Sie die sinnvollen Gegenmaßnahmen ergreifen.

6. Welche Möglichkeiten habe ich, mich gegen eine Abmahnung wehren und wann sind sie sinnvoll?

Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, gibt es folgende Möglichkeiten, sich dagegen zur Wehr zu setzen:

  1. Gegendarstellung
  2. Klage auf Rücknahme der Abmahnung
  3. Einschalten des Betriebsrats

Dabei gilt es im Einzelfall zu bewerten, welche dieser Möglichkeiten am sinnvollsten ist.

1. Gegendarstellung

Wenn es sich bei der Thematik der Abmahnung um einen ersten, einmaligen Vorfall gehandelt hat, empfiehlt sich in aller Regel, zunächst zum „mildesten“ Mittel der Gegendarstellung zu greifen. Ist das Verhältnis zum Arbeitgeber ansonsten unbelastet, könnten drastischere Maßnahmen zu Verstimmungen im Arbeitsverhältnis führen.

Aber Vorsicht!

Sie ha­ben zwar in ge­setz­li­ches Recht dar­auf, dass der Ar­beit­ge­ber Ihre Ge­gen­dar­stel­lung zur Per­so­nal­ak­te nimmt. Ob es allerdings klug ist, ei­ne Ge­gen­dar­stel­lung abzugeben, ist ei­ne an­de­re Fra­ge.

Im öffent­li­chen Dienst bietet es sich in den meis­ten Fällen an, ei­ne Ge­gen­dar­stel­lung ab­ge­ben, da öffent­li­che Ar­beit­ge­ber in al­ler Re­gel mit Ab­mah­nun­gen nicht ziel­ge­rich­tet Kündi­gun­gen vor­be­rei­ten.

In der Pri­vat­wirt­schaft kommt dies aber weitaus häufiger vor. Als Arbeitnehmer muss man folglich da­mit rech­nen, dass die Ab­mah­nung nur der ers­te Schritt hin zu einer (möglicherweise verhaltensbedingten) Kündi­gung ist.

In diesem Fall hängt die Wirk­sam­keit der späte­ren Kündigung von der Be­rech­ti­gung der Ab­mah­nung ab, und wer hier dem Ar­beit­ge­ber ungewollt hilft, in­dem er ihn noch vor Aus­spruch der Kündi­gung auf die Mängel sei­ner Ab­mah­nung auf­merk­sam macht, verhält sich un­klug.

Vernünftiger ist es in solchen Fällen, vorsorglich eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen.

Diese wird zwar zunächst keinen Pro­zess finanzieren, der die Entfernung der vorliegenden Abmahnung aus der Personalakte zum Ziel hat, da der Zeitpunkt der bereits ausgesprochenen Abmahnung vor dem Abschluss der Versicherung liegt (so genannter „Vor­ver­si­che­rungs­fall“).

Sind aber wei­te­re Ab­mah­nun­gen oder gar eine Kündi­gun­g zu befürchten, können diese nach Ab­lauf der drei­mo­na­ti­gen War­te­zeit durch­aus un­ter den Ver­si­che­rungs­schutz fal­len.

2. Klage auf Entfernung der Abmahnung

Unter den gleichen Gesichtspunkten kann es auch nicht ratsam sein, auf die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte zu klagen.

Eine Klage ist möglicherweise nur sinnvoll, wenn eine Kündigung nicht zu befürchten ist, die Abmahnung aber Ihrem beruflichen Fortkommen entgegensteht und beispielsweise eine Beförderung verhindert.

3. Einschalten des Betriebsrats

Gibt es in Ih­rem Unternehmen ei­nen Be­triebs- oder Per­so­nal­rat, können Sie sich mit der Ab­mah­nung an ihn wen­den und sich bei ihm be­schwe­ren.

Allerdings gehört es nicht zu den ge­setz­li­chen Auf­ga­ben be­trieb­li­cher Ar­beit­neh­mer­ver­tre­tun­gen, Rechts­be­ra­tung in ar­beits­ver­trag­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten zu er­tei­len.

Ob die Anrufung des Betriebsrats klug oder un­klug ist, ist in der Regel eine Frage des be­trieb­li­chen Hin­ter­grunds der Ab­mah­nung. Bilden zu hoher Ar­beits­druck oder Or­ga­ni­sa­ti­onsmängel den Hin­ter­grund der streitgegenständlichen Ab­mah­nung, kann es sinnvoll sein, den Betriebsrat einzuschalten – insbesondere, wenn er oh­ne­hin be­reits mit die­sen The­men beschäftigt ist.

7. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Abmahnung und Kündigung?

Die Abmahnung ist in aller Regel Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung.

Sie ist das „mildere Mittel“ und muss daher im Normalfall einer verhaltensbedingten Kündigung vorgeschaltet sein. Erst, wenn dieses mildere Mittel nicht fruchtet, ist der Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung als „ultima ratio“ gerechtfertigt.

Daher ist bei einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers in der Regel erst eine Abmahnung auszusprechen, um ihn dazu anzuhalten, seine Pflichten ordentlich zu erfüllen. Zugleich soll gewarnt werden, dass er im Wiederholungsfall mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes rechnen muss.

8. Wie oft muss der Arbeitgeber jede Pflichtverletzung abmahnen?

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, bei jeder Pflichtverletzung immer wieder neu abzumahnen. Hat er den Arbeitnehmer wegen eines bestimmten Verhaltens schon einmal abgemahnt, so gilt das sogenannte „Prognoseprinzip“, wonach regelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft seine vertraglichen Verpflichtungen verletzen wird, wenn er sie nach einer erfolgten Abmahnung erneut verletzt.

In diesem Fall kann der Arbeitgeber daher bei einer wiederholten Pflichtverletzung statt einer erneuten Abmahnung eine Kündigung aussprechen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die wiederholte Pflichtverletzung mit der bereits abgemahnten Pflichtverletzung vergleichbar ist. Sie muss aus demselben Bereich stammen, so dass Abmahnung und Kündigungsgrund in einem Zusammenhang stehen.

Bei der Frage, wie oft ein Arbeitgeber abmahnen muss, bevor er kündigen kann, gibt es keine allgemeingültige Regelung. Vielmehr kommt es auf die Schwere des Pflichtverstoßes und die sonstigen Umstände des Einzelfalls an. Bei leichten Verfehlungen, die zudem folgenlos geblieben sind, wird eine einmalige vorherige Abmahnung nicht genügen. Wurde ein Arbeitnehmer beispielsweise einmal abgemahnt, weil er 10 Minuten zu spät zur Arbeit gekommen ist, und kommt er dann wieder 10 Minuten zu spät, wird dies eine Kündigung eher nicht rechtfertigen. Bei Verstößen schwerwiegenderer Art, kann aber schon eine einmalige Abmahnung im Wiederholungsfall eine Kündigung rechtfertigen. Wurde etwa ein Arbeitnehmer schon einmal abgemahnt, weil er einen größeren Kundenauftrag nicht rechtzeitig weitergegeben hat und der Kunde deshalb abgesprungen ist, und wiederholt sich dies ein weiteres Mal, so wird man davon ausgehen können, dass eine darauf gestützte Kündigung wirksam sein kann.

In Ausnahmefällen darf der Arbeitgeber auch dann aus verhaltensbedingten Gründen kündigen, wenn das pflichtwidrige Verhalten nicht zuvor abgemahnt wurde. Solche Fälle liegen vor, wenn es sich um Verstöße im Vertrauensbereich oder um besonders schwerwiegende Verstöße handelt, bei denen der Arbeitnehmer von vorneherein wusste, dass sein Verhalten rechtswidrig ist und von dem Arbeitgeber nicht hingenommen werden wird. Dies ist etwa bei Straftaten gegen den Arbeitgeber (Diebstahl von Waren, Lohnbetrug, schweren Beleidigungen) gegeben.

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