Das Landesarbeitsgericht Frankfurt hat mit Beschluss vom 9. Dezember 2024 (Az. 16 TaBV 93/24) entschieden, dass eine Filialdirektorin in einer Einzelhandelsfiliale auch dann keine leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) ist, wenn sie eigenständig Personal einstellen und entlassen darf.
1. Rechtlicher Hintergrund
Nach § 5 Abs. 3 BetrVG sind leitende Angestellte Personen, die:
- zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind,
- Generalvollmacht oder Prokura besitzen oder
- wesentliche unternehmerische Entscheidungen treffen.
Leitende Angestellte unterliegen nicht dem Betriebsverfassungsgesetz, sodass der Betriebsrat für sie nicht zuständig ist und sie besonderen arbeitsrechtlichen Regelungen unterliegen.
2. Entscheidungsgründe des Gerichts
Das Gericht stellte klar, dass die bloße Befugnis zur Personalentscheidung nicht ausreicht, um eine leitende Angestelltenstellung zu begründen. Entscheidend war:
- Die Filialdirektorin hatte keine Generalvollmacht oder Prokura und handelte nur innerhalb betrieblicher Vorgaben.
- Sie trug keine unternehmerische Verantwortung für Bestand und Entwicklung der Filiale und war nicht in strategische Entscheidungen eingebunden.
- Sie war weiterhin in die Weisungsstruktur des Unternehmens eingebunden und unterlag der Kontrolle höherer Managementebenen.
Das Gericht stützte sich auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Beschluss vom 19.10.2016 – 7 ABR 60/14), wonach leitende Angestellte nicht nur Personalbefugnisse haben, sondern auch wirtschaftliche Unternehmensentscheidungen treffen müssen.
3. Weitere relevante Urteile
Das Bundesarbeitsgericht hat in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass die reine Personalverantwortung nicht zur Einstufung als leitender Angestellter ausreicht:
- BAG, Urteil vom 29.06.2011 – 10 AZR 198/10: Ein Abteilungsleiter mit Personalverantwortung wurde nicht als leitender Angestellter eingestuft, da er keine wesentlichen wirtschaftlichen Entscheidungen treffen konnte.
- LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.03.2018 – 10 Sa 1500/17: Auch hier wurde entschieden, dass ein Filialleiter im Einzelhandel nicht als leitender Angestellter gilt, da ihm unternehmerische Befugnisse fehlten.
- BAG, Beschluss vom 04.05.2010 – 1 ABR 65/08: Es wurde bekräftigt, dass leitende Angestellte nicht nur Personalentscheidungen treffen, sondern auch strategische Unternehmensverantwortung tragen müssen.
4. Auswirkungen der Entscheidung
Da die Filialdirektorin keine leitende Angestellte im Sinne des BetrVG war, ergaben sich folgende Konsequenzen:
- Der Betriebsrat bleibt zuständig und hat weiterhin Mitbestimmungsrechte nach § 99 BetrVG (Zustimmung bei Einstellung und Versetzung).
- Kein erleichterter Kündigungsschutz nach § 14 Abs. 2 KSchG, da dieser nur für leitende Angestellte gilt.
- Weiterhin volles Kündigungsschutzrecht nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG).
5. Fazit
Die Entscheidung verdeutlicht, dass der Titel einer Position nicht entscheidend ist, sondern die tatsächlichen Befugnisse. Wer keine unternehmerischen Entscheidungen trifft, sondern nur Personalverantwortung hat, bleibt Arbeitnehmer und fällt unter den Schutz des Betriebsverfassungsgesetzes. Dies hat insbesondere für Unternehmen und Betriebsräte erhebliche praktische Bedeutung.
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