Annahmeverzug und Zwischenverdienst: Leitlinien für Arbeitgeber

Wenn ein Arbeitgeber eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer von der Arbeit freistellt, kann er in Annahmeverzug geraten. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber weiterhin die Vergütung zahlen muss, auch wenn keine Arbeitsleistung erbracht wird. Allerdings ist unter bestimmten Bedingungen ein Zwischenverdienst des Arbeitnehmers anzurechnen. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 21.11.2024 (Az. 5 SLa 99/24) bietet hierzu wichtige Klarstellungen.  

 

1. Rechtsgrundlagen

a. Annahmeverzug nach § 615 BGB

Gemäß § 615 Satz 1 BGB behält der Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch, wenn der Arbeitgeber ihn nicht beschäftigt. Dies gilt insbesondere bei einer einseitigen Freistellung.

b. Anrechnung eines Zwischenverdienstes nach § 615 Satz 2 BGB

Nach § 615 Satz 2 BGB muss sich der Arbeitnehmer jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er durch anderweitige Beschäftigung verdient hat, sofern dieser Verdienst durch das Freiwerden der bisherigen Arbeitskraft ermöglicht wurde. Ziel dieser Regelung ist es, eine doppelte Vergütung für dieselbe Zeit zu vermeiden.  

 

2. Voraussetzungen für die Anrechnung eines Zwischenverdienstes

Damit ein Zwischenverdienst auf den Annahmeverzugslohn angerechnet werden kann, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Kausalität: Der Arbeitnehmer muss den Zwischenverdienst nur deshalb erzielt haben, weil er aufgrund der Freistellung seine Arbeitskraft anderweitig einsetzen konnte.
  • Gleichzeitigkeit: Die neue Tätigkeit darf sich mit der bisherigen Arbeitszeit überschneiden.
  • Vergleichbarkeit: Die neue Tätigkeit sollte in einem vergleichbaren zeitlichen Umfang erfolgen.

 

3. Fallbeispiel

Ausgangssituation: Ein Arbeitnehmer arbeitet als Sachbearbeiter in der Buchhaltung eines Unternehmens in Teilzeit (25 Stunden/Woche) und erhält 2.000 € monatlich. Ab dem 1. Oktober 2023 wird er freigestellt, der Arbeitgeber befindet sich dadurch im Annahmeverzug.

Zwischenverdienst: Der Arbeitnehmer nimmt ab November 2023 eine neue Teilzeitstelle (20 Stunden/Woche) in einem Steuerbüro an und verdient dort 1.500 € monatlich. Diese Arbeit wäre ihm ohne die Freistellung nicht möglich gewesen.

Ergebnis: Nach § 615 Satz 2 BGB wird der neue Verdienst angerechnet, sodass der Arbeitgeber nur noch die Differenz zahlt: 2.000 € (ursprünglicher Lohn) – 1.500 € (Zwischenverdienst) = 500 €  

 

4. Beweislast und Nachweispflichten

Arbeitgeber haben das Recht, einen Nachweis über den Zwischenverdienst zu verlangen. Dazu können sie eine schriftliche Erklärung des Arbeitnehmers fordern, die folgende Informationen enthalten sollte:

  • Art der neuen Tätigkeit
  • Name des neuen Arbeitgebers
  • Zeitraum der Beschäftigung
  • Arbeitszeiten
  • Vergütungshöhe

 

5. Musteranfrage für Arbeitgeber

Als Arbeitgeber können Sie vom Arbeitnehmer einen Nachweis über die Höhe und den Umfang eines Zwischenverdienstes fordern. Ein entsprechendes Musterschreiben finden Sie hier:

 

Muster: Anfrage zur Erklärung über Zwischenverdienst

 

6. Fazit

Arbeitgeber sollten sich der Rechtslage bewusst sein, um unnötige Kosten zu vermeiden. Die Anrechnung eines Zwischenverdienstes setzt voraus, dass dieser kausal durch die Freistellung ermöglicht wurde. Eine sorgfältige Dokumentation und eine frühzeitige Anfrage beim Arbeitnehmer helfen dabei, Klarheit über die Abrechnung des Annahmeverzugslohns zu schaffen.  

 

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