Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsverträgen

  Betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen sind ein wichtiges Instrument zur Qualifikation von Arbeitnehmern. Arbeitgeber investieren dabei oft erhebliche finanzielle Mittel und möchten sicherstellen, dass sich diese Investitionen langfristig auszahlen. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, sind Rückzahlungsklauseln, die den Arbeitnehmer verpflichten, die Kosten der Weiterbildung zurückzuerstatten, wenn er das Unternehmen vorzeitig verlässt. Doch nicht jede Rückzahlungsklausel ist wirksam – sie muss bestimmten rechtlichen Anforderungen genügen.

 

1. Rechtliche Anforderungen an Rückzahlungsklauseln

In den meisten Fällen wird Arbeitnehmern ein vorformulierter „Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel“ von Seiten des Arbeitgebers vorgelegt, so dass der Arbeitnehmer insoweit keinen Aushandlungsspielraum hat. Damit gilt der Vertrag als Formularvertrag, so dass es sich insoweit um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Rechtssinne (§§ 305 ff. BGB) handelt. Dies gilt selbst dann, wenn der Vertrag erstmalig verwendet wird oder erstmalig aufgesetzt wurde.   Rückzahlungsklauseln unterliegen damit der Kontrolle nach den §§ 305 bis 310 BGB (AGB-Kontrolle). Danach sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.   Damit eine Rückzahlungsklausel wirksam ist, muss sie:

  • Vor Beginn der Weiterbildung eindeutig vereinbart worden sein.
  • Klar festlegen, welche Maßnahme durchgeführt wird, welche Kosten entstehen und in welcher Höhe der Arbeitgeber diese übernimmt.
  • Regelungen enthalten, unter welchen Bedingungen und in welchem Umfang eine Rückzahlung erfolgen muss.
  • Die Rückzahlung darf nicht an eine Kündigung durch den Arbeitgeber geknüpft sein, sondern nur an eine Eigenkündigung oder ein Verschulden des Arbeitnehmers (BAG v. 24.06.2004, 6 AZR 383/03, NZA 2004, S. 1035).

  Eine automatische Rückzahlungspflicht ohne vertragliche Vereinbarung gibt es nicht.  

 

2. Unwirksame Klauseln

In einer Vielzahl von Fällen sind die vereinbarten Rückzahlungsklauseln unwirksam. Die häufigsten Fälle hierbei sind:  

 

a. Mangelnde Differenzierung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Eine pauschale Klausel, die eine Rückzahlung in jedem Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, ist unwirksam. Eine Rückzahlungsklausel ist nur dann ausgewogen, wenn der Arbeitnehmer die Rückzahlung dadurch vermeiden kann, dass er dem Unternehmen treu bleibt. Andernfalls trägt er das Investitionsrisiko des Arbeitgebers. Eine Klausel ist unwirksam, wenn sie eine Rückzahlungspflicht vorsieht, selbst wenn der Grund für die Kündigung allein im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers liegt (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB), sprich wenn die Rückzahlungspflicht auch bei arbeitgeberseitiger Kündigung bestünde. Gleiches gilt, wenn nicht geregelt ist, was passiert, wenn der Arbeitnehmer etwa aus gesundheitlichen Gründen kündigen muss.

 

b. Übermäßige Einschränkung der Berufsfreiheit

Zudem muss die Bindungsdauer in einem angemessenen Verhältnis zum Vorteil der Weiterbildung stehen. Eine überlange Bindung führt zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel (BAG v. 14.01.2009, 3 AZR 900/07).

 

Die Rechtsprechung gibt dazu folgende Orientierung:

Dauer der Fortbildung

Maximale Bindungsdauer

bis zu 1 Monat bis zu 6 Monate
bis zu 2 Monate bis zu 12 Monate
bis zu 4 Monate bis zu 24 Monate
6 bis 12 Monate bis zu 36 Monate
mehr als 24 Monate bis zu 60 Monate

 

c. Klarheit und Nachvollziehbarkeit der Klausel

Eine Rückzahlungsklausel ist nur dann wirksam, wenn sie eindeutig, verständlich und detailliert beschreibt, unter welchen Voraussetzungen eine Rückzahlungspflicht besteht (BAG, Urteil vom 01.03.2022, 9 AZR 260/21).

Unklare oder lückenhafte Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gehen zu Lasten des Verwenders – in der Regel des Arbeitgebers.  

Bereits bei Vertragsschluss muss für den Arbeitnehmer zweifelsfrei erkennbar sein, welche finanziellen Konsequenzen eine Kündigung nach sich zieht. Eine Klausel zur Rückzahlung von Fortbildungskosten muss daher so formuliert sein, dass der Arbeitnehmer sein Rückzahlungsrisiko eindeutig abschätzen kann und weiß, welche Verpflichtungen ihn im Kündigungsfall treffen (Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 12.10.2022, 8 Sa 123/22, Tz. 47, 48).  

Verstößt eine Klausel gegen dieses Bestimmtheitsgebot, indem sie unklar, mehrdeutig oder auslegungsbedürftig ist, führt dies zu ihrer Unwirksamkeit. Die vertraglichen Voraussetzungen und Folgen müssen so präzise formuliert sein, dass keine ungerechtfertigten Auslegungsspielräume entstehen.

Das Transparenzgebot soll verhindern, dass der Arbeitnehmer aus Unsicherheit über seine Rechte, etwa hinsichtlich einer Kündigung, von deren Wahrnehmung abgehalten wird (vgl. BAG, Urteil vom 24.10.2007 – 10 AZR 825/06 – Rn. 14, BAGE 124, 259; Urteil vom 31.08.2005 – 5 AZR 545/04 – Rn. 45, BAGE 115/372).  

 

d. Genaue Darstellung aller Fortbildungskosten

Insbesondere ist es erforderlich, dass die Fortbildungskosten zumindest in ihrer Größenordnung angegeben werden, um den Anforderungen an die Transparenz zu entsprechen. Das Transparenzgebot wird nur dann erfüllt, wenn die potenziell erstattungsfähigen Kosten hinsichtlich ihrer Art und Höhe im Rahmen des Möglichen konkretisiert sind.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Transparenzanforderungen für eine Rückzahlungsvereinbarung nicht übermäßig hoch angesetzt werden dürfen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Fortbildungskosten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses exakt zu beziffern. Dennoch müssen die Angaben so beschaffen sein, dass der Arbeitnehmer das Rückzahlungsrisiko abschätzen kann.

Mindestens sollten daher Art und Berechnungsgrundlagen der erstattungsfähigen Kosten dargestellt werden. Fehlt eine präzise Aufschlüsselung der einzelnen Kostenpositionen (wie etwa Lehrgangsgebühren, Fahrt-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten) und die Erläuterung, nach welchen Kriterien diese berechnet werden (z.B. Kilometerpauschalen für Fahrtkosten oder Tagessätze für Übernachtungs- und Verpflegungskosten), bleibt es für den Vertragspartner unklar, welche Rückzahlungsverpflichtung bei einem Ausbildungsabbruch auf ihn zukommen könnte.

Ohne diese Informationen kann der Vertragspartner das Risiko der Rückzahlung nicht einschätzen und dies in seine Entscheidung einfließen lassen. Darüber hinaus schafft das Fehlen solcher Details vermeidbare Spielräume für den Arbeitgeber (vgl. BAG, Urteil vom 21. August 2012 – 3 AZR 698/10, BAGE 143, 30-41, Rn. 17-20).

 

e. Kein geldwerter Vorteil

Eine Rückzahlungsklausel ist zudem nur zulässig, wenn die Weiterbildung für den Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil bringt, d. h. seine Arbeitsmarktfähigkeit verbessert (BAG v. 15.09.2009, 3 AZR 173/08, NZA 2010, S. 342). Eine Klausel ist unwirksam, wenn die Maßnahme lediglich der innerbetrieblichen Einarbeitung oder der Anpassung an neue betriebliche Gegebenheiten dient (BAG v. 16.01.2003, 6 AZR 384/01).    

 

3. Unwirksamkeit der gesamten Rückzahlungsklausel

Enthält die Rückzahlungsvereinbarung unzulässige Inhalte, wird sie nicht geltungserhaltend reduziert, das heißt so weit aufrechterhalten, wie ihr Inhalt noch angemessen wäre, sondern sie ist insgesamt unwirksam. Das gilt auch dann, wenn eine Rückzahlungsklausel zu weitgehend formuliert ist – wenn etwa nicht ausdrücklich geregelt wird, dass die Rückzahlungspflicht nur gilt, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin selbst oder wegen eines Grundes beendet wird, der von ihm oder ihr zu vertreten ist. Bei unwirksamen Rückzahlungsvereinbarungen besteht auch nicht etwa für die Beschäftigten eine anteilig reduzierte Rückzahlungspflicht (BAG v. 23.01.2007, 9 AZR 482/06, NZA 2007, S. 748; BAG v. 11.04.2006, 9 AZR 610/05, NZA 2006, S. 1042). Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber mit den Beschäftigten eine zu lange Bindungsdauer vereinbart. Die Vereinbarung wird nicht auf die zulässige Bindungsdauer (geltungserhaltend) reduziert, sondern die Vereinbarung ist unwirksam und es besteht für die Beschäftigten keine Pflicht zur Rückzahlung (BAG v. 15.09.2009, 3 AZR 173/08, NZA 2010, S. 342).  

 

4. Fazit

Rückzahlungsklauseln sind nur wirksam, wenn sie transparent, angemessen und verhältnismäßig sind. Arbeitgeber sollten darauf achten, die Klauseln klar zu formulieren und Arbeitnehmer nicht unangemessen lange an das Unternehmen zu binden. Arbeitnehmer sollten vor der Unterzeichnung eines Fortbildungsvertrags genau prüfen, welche Verpflichtungen sie eingehen. Im Zweifelsfall ist eine arbeitsrechtliche Beratung empfehlenswert.  

 

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