Der Elternpflichtteil

Als Erben 2. Ordnung sind Eltern grundsätzlich unter gewissen Umständen erbberechtigt. Werden sie von ihrem Erbe ausgeschlossen – etwa durch ein Testament, steht ihnen unter gewissen Voraussetzungen ein Pflichtteil des Erbes zu.

1. Wann sind Eltern pflichtteilsberechtigt?

Gemäß § 2303 BGB sind folgende Personen pflichtteilsberechtigt:

  • alle Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel und Urenkel) – ehelich, außerehelich, mit Legitimierung und adoptiert,
  • der Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner des Erblassers nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz,
  • die Eltern des Erblassers.

Die Eltern des Erblassers sind also grundsätzlich pflichtteilsberechtigt.

Allerdings haben sie als Erben 2. Ordnung im Erbfall lediglich dann einen gültigen Anspruch auf den Pflichtteil, wenn es keine Erben 1. Ordnung gibt, wenn der Erblasser also keine Abkömmlinge hat oder diese bereits verstorben sind.

Hiervon gibt es lediglich eine Ausnahme. Wenn die Kinder des Erblassers unter Pflichtteilsentzug stehen, erhalten die Eltern ihren Pflichtteil trotz lebender Kinder.

2. Entsteht das Pflichtteilsrecht auch für Adoptiveltern?

Der Pflichtteil entsteht grundsätzlich auch für Adoptiveltern. Allerdings gelten hierfür unterschiedliche Bedingungen.

Wird ein minderjähriges Kind adoptiert, erlischt sein Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern. Stirbt das adoptierte Kind später, so steht den Adoptiveltern der Pflichtteil zu.

Bei Adoption eines volljährigen Kindes (sog. „Erwachsenenadoption“) erlischt. Das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern nicht mehr. Das Kind hat also neben seinen leiblichen Eltern zusätzlich noch die Adoptiveltern und somit bis zu 4 Elternteile.  Verstirbt der adoptierte Volljährige, können sowohl leibliche Eltern als auch Adoptiveltern einen Anspruch auf einen Pflichtteil des Erbes haben.

Wichtig!

Es ist auch möglich, ein volljähriges Kind mit der Wirkung einer Minderjährigenadoption zu adoptieren. Eine solche Volladoption muss jedoch vom Gericht ausdrücklich bestimmt werden.

3. Wann erhalten Eltern keinen Pflichtteil?

Trotz Pflichtteilsberechtigung können Eltern unter Umständen keinen Pflichtteil erhalten.

Gemäß § 2309 BGB gilt, dass der Pflichtteil Eltern nicht beachtet wird, sobald es einen Abkömmling gibt, der den Pflichtteil verlangen kann oder das ihm Hinterlassene annimmt.

Setzt ein Erblasser also sein Kind, Enkel oder Urenkel in einem Testament oder Erbvertrag als Erben ein, erhalten seine Eltern keinen Pflichtteil.

Auch berücksichtigt der Pflichtteil Eltern nicht, sobald ein Erblasser eines seiner Kinder enterbt und dieses den Pflichtteil einfordern kann.

4. Wie hoch ist der Pflichtteil der Eltern?

Der Pflichtteil ist ein reiner Geldanspruch, der sich errechnet aus dem Wert des Nachlasses und der so genannten Pflichtteilsquote.

a. Der Nachlasswert

Um die konkrete Höhe des Pflichtteils für Eltern zu berechnen, muss zunächst der Nachlasswert bekannt sein. Dafür hat jeder Pflichtteilsberechtigte gemäß § 2314 Abs. 1 BGB ein Recht auf Auskunft gegenüber dem Erben. Der Erbe muss auf Anfrage ein Nachlassverzeichnis aufstellen, in dem alle Aktiva, Passiva, Verträge und Schenkungen aufgelistet werden. Auf dieser Grundlage kann der Wert der Erbmasse bestimmt und der Pflichtteil für Eltern berechnet werden.

b. Die Pflichtteilsquote

Die Pflichtteilsquote bestimmt dabei den Anteil am Nachlass, den ein pflichtteilsberechtigter Verwandter bekommt.

Grundsätzlich besteht die Pflichtteilquote in der Hälfte dessen, was dem Erben nach der gesetzlichen Erbquote zustünde. Diese bestimmt, welchen Anteil ein Verwandter neben den übrigen Familienmitgliedern am Nachlass bekommt.

Die Erbquote der Eltern beträgt 50 %, wenn der Erblasser kinderlos und verheiratet war und 100 %, wenn der Erblasser kinderlos und unverheiratet war. Dementsprechend errechnet sich im ersteren Fall die Pflichtteilsquote auf 25%, in letzterem Fall auf 50%.

Familiäre SituationElternerbteilElternpflichtteil
Erblasser ist verheiratet und hat Kinder.0%0%
Erblasser ist verheiratet und hat keine Kinder.50%25%
Erblasser ist unverheiratet und hat keine Kinder.100%50%

Lebt zum Zeitpunkt des Erbfalls nur noch ein Elternteil, so beeinflusst dies gegebenenfalls den Pflichtteil des noch lebenden Elternteils. Sind diesem Fall Geschwister des Erblassers vorhanden, rücken diese an die Stelle des verstorbenen Elternteils. Dies schmälert dementsprechend den Pflichtteil des noch lebenden Elternteils.

5. Wie können Eltern ihren Pflichtteil geltend machen?

Verstirbt der Erblasser, geht sein Vermögen an seine Erben über.  Von diesen können die Eltern den Pflichtteil anschließend einfordern. Hierfür ist zunächst immer zu prüfen, ob ein Elternpflichtteilsrecht bestht und wie hoch die Pflichtteilsquote ist. Anschließend ist die Höhe des Nachlasses zu ermitteln. Sind sowohl Quote als auch Nachlasshöhe bekannt, können die Eltern ihren Pflichtteil gegenüber den Erben einfordern. Es empfiehlt sich hierbei oftmals, zunächst das persönliche Gespräch mit den Erben zu suchen.

Weigern sich die Erben auch nach schriftlicher Aufforderung und Fristsetzung, den Eltern den Pflichtteil auszuzahlen, so können diese den gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen und ihren Pflichtteil einklagen.

Zu beachten ist hierbei, dass den pflichtteilsberechtigten Eltern neben dem Pflichtteilsanspruch auch ein sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch zustehen könnte. Hat etwa der Erblasser sein Vermögen zu Lebzeiten durch Schenkungen geschmälert, muss der Erbe die Schenkungswerte gegebenenfalls voll oder anteilig ausgleichen.

6. Wann verjährt der Pflichtteil der Eltern?

Der Pflichtteil für Eltern unterliegt einer gesetzlichen Verjährungsfrist. Ist diese abgelaufen, können die Eltern ihren Pflichtteil nicht mehr geltend machen.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gem. § 195 BGB 3 Jahre.

Sie beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem Kenntnis über das Versterben des Erblassers und die Enterbung vorliegt.

Die maximale Frist zur Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs beträgt 30 Jahre (kenntnisunabhängig).

7. Kann das Pflichtteilsrecht der Eltern ausgeschlossen werden?

In manchen familiären Situationen wünscht sich der Erblasser, die Eltern möglichst komplett aus dem Erbe auszuschließen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. So soll in manchen Fällen insbesondere die Versorgung des eigenen Ehepartners im Vordergrund stehen. In anderen Fällen ist das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern so zerrüttet, dass den Eltern kein Erbrecht zugestanden werden soll.

Am wirksamsten ist hierzu der elterliche der Pflichtteilsverzicht, der von den Eltern ausdrücklich in einem notariell zu beurkundenden Verzichtsvertrag erklärt werden kann. Oftmals verlangen Pflichtteilsberechtigte hierfür jedoch eine Abfindungszahlung.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Pflichtteilsentziehung. Diese muss testamentarisch erklärt werden und ist nur möglich, wenn dem pflichtteilsberechtigten Elternteil vorgeworfen werden. Dieser Fall ist äußerst selten und in der Praxis nahezu irrelevant.

In der Praxis am häufigsten werden Pflichtteilsansprüche vom Erblasser reduziert, indem er Vermögenswerte noch zu Lebzeiten an andere Personen verschenkt. Allerdings entstehen bei solchen Vermögensverschiebungen zunächst Pflichtteilsergänzungsansprüche, die sich mit jedem Jahr, dass nach der Schenkung vergeht um 10 Prozent verringern (sog. Abschmelzung). Zu beachten ist dabei, dass Schenkungen an den Ehepartner dauerhaft im pflichtteilsrelevanten Nachlass bleiben. Darüber hinaus kann das Abschmelzungsmodell ausgeschlossen sein, wenn etwa der Erblasser eine Immobilie verschenkt, sich aber das wirtschaftliche Eigentum durch einen Nießbrauch vorbehält.

Im Extremfall kann der Pflichtteil der Eltern ausgeschlossen werden durch Adoption eines Kindes.

Zusammenfassung

  • Eltern sind grundsätzlich pflichtteilsberechtigt.
  • Einfordern lässt sich der Pflichtteil aber nur, wenn der Erblasser keine eigenen Kinder hat.
  • Die Höhe des Pflichtteils richtet sich nach der Pflichtteilsquote und dem Nachlasswert.
  • Hat der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen getätigt, haben Eltern unter Umständen darüber hinaus einen Pflichtteilsergänzungsanspruch.
  • Per Adoption eines Kindes lassen sich Eltern vom Pflichtteil ausschließen.

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