Verkehrsregeln auf dem Bauhaus-Parkplatz: „Rechts vor links“ gilt nicht immer!

Das OLG Frankfurt hat in einem Rechtsstreit um Schadenersatz nach einem Unfall auf dem Kundenparkplatz eines Baumarkts entschieden, dass auf Fahrgassen eines Parkplatzes, die vorrangig der Parkplatzsuche dienen und nicht dem fließenden Verkehr, nicht die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ gilt. Vielmehr seien die Fahrer verpflichtet, defensiv zu fahren und die Verständigung untereinander zu suchen. Das OLG hat in diesem Fall daher eine hälftige Haftungsquote beider Unfallteilnehmer angenommen.

Der Fall

Der Kläger hatte in dem Verfahren auf restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall geklagt. Der Unfall ereignete auf dem Parkplatz eines Baumarktes, bei dem der Betreiber die Geltung der StVO angeordnet hatte. 

Der Beklagte befuhr eine Fahrgasse, welche von rechts auf die Ausfahrtgasse des Parkplatzgeländes führte. Im Einmündungsbereich der Fahrgassen kam es zum Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Klägers.

In der ersten Instanz hatte das Landgericht Frankfurt eine Haftung des Beklagten in Höhe von 25% angenommen (Urteil vom 23.12.2021 – 2 O 1096/20). Es war zu der Auffassung gelangt, dass der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs nach der Regel „rechts vor links“ die Vorfahrt hätte achten müssen.  

Die Entscheidung

Das OLG Frankfurt hat auf Berufung des Klägers die Haftungsquote auf 50% verteilt. 

In seiner Begründung führt das Gerich aus, dass für die Höhe der Schadensersatzverpflichtung des Beklagten maßgeblich sei, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden sei. 

Im vorliegenden Fall seien die Verursachungsbeiträge der Fahrer der unfallbeteiligten Fahrzeuge als gleichgewichtig anzusehen und der durch den Unfall verursachte Schaden zu teilen.

Der Beklagte könne nicht geltend machen, dass der Kläger sein Vorfahrtsrecht verletzt habe. Zwar seien die Regeln der Straßenverkehrsordnung auf öffentlich zugänglichen Privatparkplätzen wie hier grundsätzlich anwendbar. 

Fahrgassen auf Parkplätzen seien jedoch keine dem fließenden Verkehr dienenden Straßen und gewährten deshalb keine Vorfahrt. 

Das OLG Frankfurt hat seiner Entscheidung folgende Grundsätze zu Grunde gelegt:

Kreuzen sich zwei dem Parkplatzsuchverkehr dienende Fahrgassen eines Parkplatzes, gilt für beide Fahrzeugführer gleichermaßen das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme. Das heißt, jeder Fahrzeugführer ist verpflichtet, defensiv zu fahren und die Verständigung mit dem jemals anderen Fahrzeugführer zu suchen.

Lediglich wenn die angelegten Fahrspuren eindeutig und unmissverständlich Straßencharakter hätten und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergebe, dass sie nicht der Suche von freien Parkplätzen dienten, sondern der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge, gelten andere Grundsätze. 

Für einen solchen Straßencharakter spreche etwa die Breite der Fahrgassen oder auch bauliche Merkmale einer Straße wie Bürgersteige, Randstreifen oder Gräben. 

Derartige straßentypische bauliche Merkmale fehlten aber im zu entscheidenden Fall. Die Fahrgassen dienten ersichtlich nicht dem fließenden Verkehr, da an ihnen jeweils Parkboxen angeordnet waren.

Der Beklagte habe daher auch nicht die hohen Sorgfaltsanforderungen beim Einfahren auf eine Fahrbahn (§ 10 StVO) erfüllen müssen.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.6.2022 – 17 U 21/22

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