Bin ich enterbt? Enterbung durch Berliner Testament

Hier: Berliner Testament mit spezieller Pflichtteilsstrafklausel

Wenn in einer Pflichtteilsstrafklausel eines gemeinschaftlichen Testaments die Verwirkung des Erbanspruchs nicht nur an das Verlangen des Pflichtteils, sondern auch an dessen Erhalt geknüpft wird, ist der tatsächliche Mittelabfluss Voraussetzung für dessen Verwirkung.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat insoweit entschieden, dass ohne diesen Mittelabfluss bei einer derartigen Klausel kein Sanktionierungsgrund besteht (OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 21.02.2023 – 21 W 104/22).

Der Fall:

Im zu entscheidenden Fall hatte die Erblasserin mit ihrem vorverstorbenen Ehemann ein privatschriftliches gemeinschaftliches Testament errichtet. Sie hatte aus einer früheren Ehe eine Tochter, ihr verstorbener Ehemann hatte aus früheren Ehen zwei Töchter. 

Die Eheleute setzten sich gegenseitig zu Alleinerben ein. Darüber hinaus bestimmten sie in ihrem Testament: 

„Wir gehen davon aus, dass unsere Kinder keinen Anspruch auf einen Pflichtteil nach dem Tod des erstverstorbenen Elternteils erheben. 

Nach dem Tod des überlebenden Partners wird das Vermögen unter den Kindern (…Namen der drei Töchter) zu gleichen Teilen aufgeteilt. Ausgenommen ist dabei das Kind, das einen Pflichtteil beansprucht und erhalten hat.“

Die Tochter der Erblasserin beantragte einen Erbschein, der sie und eine der zwei Töchter des vorverstorbenen Ehemannes zu je 1/2 als Erbinnen ausweisen sollte. 

Nach ihrer Auffassung sei die weitere Tochter nicht Erbin der Erblasserin geworden, da sie nach dem Tod ihres Vaters ihren Pflichtteil geltend gemacht habe.

Diesen Erbscheinsantrag hat das Nachlassgericht zurückgewiesen. 

Die Entscheidung

Die von der Tochter der Erblasserin vor dem OLG Frankfurt eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg. Das Gericht bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts.

Es befand, dass gemäß der testamentarischen Schlusserbenbestimmung alle drei Töchter Erbinnen zu jeweils ein Drittel geworden seien.

Die dritte Tochter habe ihren Erbanspruch nicht verwirkt, da gemäß des vorliegenden  Testaments nur diejenigen Kinder von der Schlusserbschaft ausgenommen werden, die nach dem Tod des Erstversterbenden ihren Pflichtteil beansprucht und erhalten hatten. 

Abweichend von den üblichen Klauseln sei im vorliegenden Fall nicht nur die Geltendmachung des Pflichtteils Voraussetzung für das Auslösen der Sanktionswirkung, sondern zusätzlich auch der Mittelabfluss aus dem Nachlassvermögen. 

Ob die Tochter hier überhaupt ihren Pflichtteil geltend gemacht habe, könne offenbleiben, da sie jedenfalls weder ihren Pflichtteil noch etwas Sonstiges aus dem Nachlassvermögen erhalten hatte.

Der Vortrag der anderen Töchter, sie habe ihren Pflichtteil bereits erhalten, dieser sei aber „gleich null“ gewesen, überzeugte das Gericht nicht. Ein ins Leere gehender, beziehungsweise wertloser Pflichtteil löse nicht die Sanktionswirkung der vorliegenden testamentarischen Pflichtteilsklausel aus. 

Durch das zusätzliche Erfordernis des „Erhaltens“ hätten die Eheleute deutlich gemacht, dass es ihnen um das Zusammenhalten des Nachlassvermögens, dessen Werthaltigkeit und den Schutz des überlebenden Ehegatten gegangen sei. 

Wenn aber die Tochter nichts aus dem Nachlass erhalten habe, sei der Nachlass folglich nicht geschmälert und es bestehe nach dem Willen der Ehegatten kein Grund für eine Sanktionierung.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. 06.03.2023

Dieser Artikel wird regelmäßig auf Aktualität geprüft.

Beratung und Vertretung

Sie sind Erbe oder Pflichtteilsberechtigter und benötigen Rat? Oder möchten Sie ein rechtssicheres Testament erstellen?

Gern berate und vertrete ich Sie.

Sie erwartet:

  • Erreichbarkeit während sowie ausserhalb der Bürozeiten
  • Höchste Priorität Ihres Anliegens
  • Sichere und vollständige Abwicklung über Telefon und E-Mail

Sie erreichen mich unter +49 6172-9819983 oder über das Kontaktformular meiner Website.
Ich nehme mich Ihrer Angelegenheit umgehend an und berate Sie zielgerichtet.

Das könnte Sie auch interessieren:

Kann ich meine Kinder enterben? Teil 1

Kann ich meine Kinder entereben? Teil 2

Die erbrechtliche Nachfolge bei Einzelunternehmen

Das privatschriftliche Testament – die bessere Alternative?

Die Betreuungsverfügung

Die Vorsorgevollmacht

Die Patientenverfügung

Die gesetzliche Erbfolge